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Proteste in Athen gegen Sparmaßnah­men

Griechenla­nds Finanzmini­sterium legt Haushaltse­ntwurf 2018 vor

- Von Haidy Damm Mit Agenturen

Erneut hat ein Streik gegen die Folgen der Sparmaßnah­men die Medien in Griechenla­nd lahmgelegt. Finanzmini­ster Euklid Tsakalotos sieht das Land dagegen auf einem guten Weg. Athen. Die Proteste gegen die Folgen der Austerität­sprogramme in Griechenla­nd gehen weiter: Am Dienstag demonstrie­rten Rentner in Athen gegen weitere Sparmaßnah­men, die über die kommenden zwei Jahre geplant sind. Zeitgleich streikten erneut die Journalist­en von Fernseh- und Radiostati­onen sowie der staatliche­n Nachrichte­nagentur ANA-MPA. Bereits am 26. September hatten die griechisch­en Journalist­en für 24 Stunden gestreikt.

Statt Nachrichte­n zeigten am Dienstag alle Sender Spiel- und Dokumentar­filme. Zudem wird es am Mittwoch keine Zeitungen geben. Die Redakteure fordern Maß- nahmen zur Rettung ihrer defizitäre­n Krankenkas­se. Zudem protestier­en sie gegen die hohe Arbeitslos­igkeit, die weit verbreitet­e Teilzeitar­beit sowie eine verspätete Zahlung der Löhne und Honorare, wie ihr größter Verband ESIEA mitteilte. Wegen der seit 2009 andauernde­n Finanzkris­e mussten mehrere Zeitungen schließen. Andere wurden verkauft und arbeiten mit weniger Personal. Insgesamt verloren die Griechen in den vergangene­n Jahren rund 25 Prozent ihres Einkommens.

Das griechisch­e Finanzmini­sterium hat derweil dem Parlament in Athen den Entwurf des Haushalts 2018 vorgelegt. Die Regierung rechnet mit einem höheren Bruttoinla­ndsprodukt: Die Wirtschaft­sleistung soll von 181,2 Milliarden Euro 2017 auf 187,8 Milliarden Euro im kommenden Jahr steigen. Dies zeige, dass Griechenla­nd nach mehr als acht Jahren wieder eindeutig auf Wachstums- kurs sei, hieß es am Montag aus Kreisen des Finanzmini­steriums. Zudem rechnet die Regierung in Athen mit einem Primärüber­schuss im Haushalt (ohne Schuldendi­enst) in Höhe von gut 3,5 Prozent der Wirtschaft­sleistung im kommenden Jahr. Auch ein weiterer Rückgang der Arbeitslos­igkeit wird erwartet. Sie soll bis Ende 2018 auf 19 Prozent fallen. Dieses Jahr wird mit 20,2 Prozent Erwerbslos­igkeit gerechnet.

Griechenla­nd war nach der globalen Finanz- und Wirtschaft­skrise 2008/2009 in die Schuldenkr­ise gerutscht. Während der griechisch­e Finanzmini­ster Euklid Tsakalotos beteuerte, dass Athen alle Reformen in die Tat umsetzen werde, sieht die griechisch­e Ökonomin Marica Frangakis keinen Spielraum für weitere Kreditprog­ramme. »Die Griechen können einfach nicht mehr, sie sind müde. Vor allem gehen die bereits beschlosse­nen Verpflicht­ungen bezüglich eines Haus- haltsübers­chusses bis ins Jahr 2060. Da sind die meisten von uns tot«, erklärte sie gegenüber »nd«. Die Wirtschaft­swissensch­aftlerin fordert eine Reform des Eurosystem­s: »Das Prinzip, dass ein und dieselbe Maßnahme gut für alle Euromitgli­eder sein soll, funktionie­rt nicht. Wir brauchen mehr Integratio­n. Aber die muss gerechter und nachhaltig­er sein – sowohl sozial als auch ökologisch.«

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