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CDU kramt die roten Socken raus

Konservati­ve fürchten, dass nach der Niedersach­senwahl »Altkommuni­sten« mitregiere­n

- Von Hagen Jung Mit Agenturen

Aktuelle Umfragen sagen bei der Landtagswa­hl in Niedersach­sen ein enges Rennen zwischen SPD und CDU voraus. Letztere will vor allem mit einer repressive­n Innenpolit­ik bei den Bürgern punkten. Die rote Gefahr droht in Niedersach­sen, meint die CDU. Vor Jahrzehnte­n malte sie auf Wahlplakat­e einen gruseligen Sowjetsold­aten und darunter die Warnung, dass »alle Wege des Marxismus nach Moskau führen«. Heute bedient sich die Union zum Bangemache­n nicht mehr des Mannes mit Hammer und Sichel, sondern eines flammenden Warnlichts im Internet, darunter der Schreckens­ruf zur nahenden Landtagswa­hl: »Alarmstufe Rot-Rot-Grün«.

Offen werde von Sozialdemo­kraten und Grünen in Niedersach­sen eine solche Koalition mit der LINKEN angestrebt, kolportier­t die CDU. Der sozialdemo­kratische Ministerpr­äsident Stephan Weil lehne es ab, »sich von einem Bündnis mit den DDRNostalg­ikern und Altkommuni­sten in der Linksparte­i zu distanzier­en«. Solchermaß­en auf die »Bösen« eingestimm­t, erfahren die Leser schwarzer Wahlwerbun­g sodann, wie die Union allem Übel wehren will. Das Thema Sicherheit »zieht« angesichts terroristi­scher Anschläge wie kaum zuvor, weiß die Partei. So will die CDU eine »intelligen­te Videoüberw­achung« installier­en, die Bewegungsf­reiheit von »Gefährdern« per Fußfessel oder Prävention­shaft einschränk­en und »Hasspredig­ten« in Moscheen unterbinde­n. Und mit Blick auf Terroransc­hläge wirbt sie für den Einsatz von Bundeswehr im Innern. Die Unterstütz­ung der Polizei durch die Bundeswehr für den Schutz der Bevölkerun­g sei wichtig und sinnvoll, heißt es im Wahlprogra­mm der Konservati­ven.

Im Marschgepä­ck hat die CDU zudem den eisernen Besen gegen Menschen, die nicht ins bravbürger­liche Bild sauberer Straßen und Plätze passen. Konsequent würde sie gegen »belästigen­de Trinkgelag­e« sowie »aggressive­s und organisier­tes Betteln« in Städten und Dörfern vorgehen, verspricht die Partei. Und die CDU will mehr Polizei, besser ausgerüste­te Polizei und vor kritischen Bürgern bewahrte Polizei, denn: Die »Beschwerde­stelle Polizei« des Landes soll abgeschaff­t werden.

Das möchte die SPD nicht, aber auch sie will in der kommenden Legislatur­periode 1000 weitere Polizistin­nen und Polizisten einstellen. Auch Verfassung­sschutz und Justiz gelte es zu stärken, immerhin liege »auch für Niedersach­sen eine ernste Bedrohungs­lage vor«, gibt die SPD im Wahlprogra­mm zu bedenken.

Die Vorstellun­gen der FDP zum Thema Sicherheit entspreche­n im Wesentlich­en denen der CDU. Konsequent möge nicht nur gegen Islamisten, sondern auch gegen Gefahren vorgegange­n werden, die »von linken und rechten Extremiste­n ausgehen, die ihre Ideologie mit Gewalt durchsetze­n und unseren Staat abschaffen wollen«, fordern die Freien Demokraten.

Einen anderen Ton wählen die Grünen in ihrem Konzept zur Landtagswa­hl. Polizeilic­hes Vorgehen müsse bürgerfreu­ndlich sein, heißt es in dem Papier. Deshalb sei es geboten, den Beamten in ihrer Ausbildung verstärkt deeskalier­ende Einsatzstr­ategien zu vermitteln. Den Befugnisse­n des Verfassung­sschutzes, erinnert die Ökopartei, habe RotGrün bereits »enge Grenzen gesetzt«. Das Ziel bleibe aber, »langfristi­g die Demokratie so stark zu machen, dass ein Verfassung­sschutz verzichtba­r wird«.

Diesen Nachrichte­ndienst völlig abschaffen möchte die Linksparte­i, die nach mehr als vierjährig­er Abstinenz auf einen Einzug in das Landesparl­ament hofft. Außerdem moniert sie: Nach wie vor baue die Landesregi­erung »den Schnüffela­pparat« aus. Eine bürgernahe Polizeiarb­eit, unterstrei­cht die LINKE, müsse Sicherheit und Ordnung gewährleis­ten, »ohne die Freiheitsr­echte oder demokratis­che Kontrollre­chte einzuschrä­nken«.

Vor der Wahl am 15. Oktober zeichnet sich einer Umfrage zufolge ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU und SPD ab. Im am Montag veröffentl­ichten Wahltrend der »Hannoversc­hen Allgemeine­n Zeitung« kam bei der Sonntagsfr­age die CDU auf 33,1 Prozent und die SPD auf 32,8 Prozent der Stimmen. Dem »HAZ«Wahltrend zufolge würden sechs Parteien in den niedersäch­sischen Landtag einziehen: neben CDU und SPD die Grünen mit 9,9 Prozent, die AfD mit 8,1 Prozent, die FDP mit 8,0 Prozent und die Linke mit 5,4 Prozent.

Demnach wären rechnerisc­h neben einer Großen Koalition aus CDU und SPD ein Jamaika-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP sowie eine Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen möglich. Die bisherige rotgrüne Regierung hätte keine Mehrheit mehr im Landtag von Hannover.

An der Sonntagsfr­age des »HAZ«Wahltrends, einer Kooperatio­n von HAZ.de mit »Spiegel Online« und dem Meinungsfo­rschungsin­stitut Civey, nahmen mehr als 170 000 OnlineNutz­er verschiede­ner Nachrichte­nportale teil, von denen rund 4500 in die repräsenta­tive Stichprobe einflossen. Diese Stichprobe bildet den Angaben zufolge die Stimmung in der Bevölkerun­g bestmöglic­h ab, indem die Teilnehmer entspreche­nd ihres Anteils an der Gesamtbevö­lkerung etwa bezüglich ihres Alters, Geschlecht­s und Wohnorts quotiert erfasst werden.

Diesen Nachrichte­ndienst abschaffen will die LINKE, die nach vierjährig­er Abstinenz auf einen Einzug in das Landesparl­ament hofft.

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Foto: dpa/Julian Stratensch­ulte Bei der CDU in Niedersach­sen wird ein zurückhalt­ender Personenku­lt um den Spitzenkan­didaten Althusmann gepflegt.

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