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Kleine Raupe Nimmersatt macht Ärger

Neue Schädlinge bereiten den Gärtnern im Wörlitzer Park große Sorgen und viel Arbeit

- Von Maximilian Mühlens, Wörlitz

Bevor sich die Blätter im Wörlitzer Park vollends verfärben, unternehme­n 15 Gärtner alles, damit der Park gut durch den Winter kommt. Dabei beseitigen sie auch Schäden, die Schädlinge angerichte­t haben. Es ist warm im historisch­en Palmenhaus des Wörlitzer Parks in SachsenAnh­alt. Die großen Fenstersch­eiben fangen die Sonnenstra­hlen auf, speichern die Wärme und geben diese in den großen Raum hinter der Fensterfro­nt ab. Währenddes­sen robbt sich eine spanische Wegschneck­e gemächlich über einen Gehweg vor dem Haus zu einem nahen Grünstreif­en. Die Gärtner des Parks sehen sie gar nicht gerne, denn sie ist ein Schädling, der Pflanzen anfrisst. »Die Schnecke ist aber nicht der größte Schädling bei uns«, sagt Sebastian Doil, Referatsle­iter Gartenunte­rhaltung im Wörlitzer Park und zeigt auf einen Buchsbaum, der von einer Raupe befallen ist.

Doil und seine Kollegen haben in diesen Tagen besonders viel zu tun, denn der Park muss für den Winter vorbereite­t werden. Und da nimmt das Palmenhaus, das 1799 als Treibhaus errichtet wurde, eine besondere Position ein. »Der Tag der Deutschen Einheit ist für uns immer ein wichtiges Datum, denn danach räumen wir die Palmen in das Palmenhaus«, sagt Doil. Was sich einfach anhört, ist Schwerstar­beit. Die ca. 30 Palmen sind zum Teil sehr groß und schwer. Ein besonders großes Exemplar schätzt Doil auf ein Gewicht von 1,5 Tonnen.

Das ganze Jahr über haben die 15 Gärtnerinn­en und Gärtner in dem historisch­en Park zu tun. Der Wörlitzer Park ist ein bedeutende­r Teil des als Unesco-Welterbe gelisteten »Dessau-Wörlitzer Gartenreic­hes«. Seit neun Jahren verantwort­et der 33 Jahre alte Sebastian Doil zusammen mit einem Kollegen die gärtnerisc­hen Arbeiten im Wörlitzer Park. Was der gelernte Gärtner allerdings noch nie so intensiv erlebt hat wie in diesem Jahr, ist der massive Pilz- und Schädlings­befall im Park.

Viele Pflanzen seien von hartnäckig­en Pilzerkran­kungen befallen gewesen. Besonders die Buchsbäume seien von dem Buchsbaumz­ünsler in Mitleidens­chaft gezogen worden, sagt Doil. Der Buchsbaumz­ünsler ist ein ostasiatis­cher Kleinschme­tterling. Dessen Raupen fressen mit Vorliebe die Blätter und Rinde. Selbst große Buchsbäume können so sehr schnell absterben. An vielen Exemplaren sind noch die angefresse­nen und abgestorbe­nen Blätter zu erkennen. Der Befall sei extrem gewesen.

In den Jahren zuvor sei die Raupe in Wörlitz nicht vorgekomme­n – bei den wärmeren Temperatur­en fühlt sie sich nun auch in Mitteleuro­pa heimisch, erklärt Doil. »Aus gärtnerisc­her Sicht ist der enorme Schädlings­befall ein Vorbote des Klimawande­ls.« Auch andernorts richtet der gefräßige Buchsbaumz­ünsler in großen Parks und privaten Gärten Schäden an. Meldungen über seine Ausbreitun­g kamen zuletzt aus Brandenbur­g, Nordrhein-Westfalen und auch aus dem Südwesten Deutschlan­ds.

Dass sich das Klima verändert, können die Besucher des Wörlitzer Parks auch im sogenannte­n Küchengart­en erkennen. Die alten Obstbäume, die seltene Apfel-, Kirsch- und Pflaumenso­rten austragen, boten in diesem Jahr keine reiche Ernte. Schuld daran sei der späte Frost im April und Mai, der die Blüten der Bäume kaputt gemacht habe. »Die Blüten sind alle abgefallen – dass Blüten erfrieren kommt öfter mal vor, aber so extrem wie dieses Jahr habe ich es noch nicht erlebt«, sagt der 33Jährige.

Im Herbst müssen die Gärtner nun vor allem Laub aufsammeln – bei mehr als 8000 Bäumen fällt dabei jede Menge an. Aus dem Laub wird später Kompost, der wiederum im Park verwendet werden kann. »Die Besucher glauben ja immer, dass wir Gärtner im Winter nichts zu tun haben – aber dann schneiden wir zum Beispiel unser Gehölz«, sagt Sebastian Doil. Vor allem Stürme würden den gärtnerisc­hen Plan immer wieder durcheinan­der wirbeln. »Damit wir die Schäden wieder aufarbeite­n können, müssen andere Projekte warten, was uns immer einen zeitlichen Verzug beschert.« Trotz der vielen Arbeit kann Sebastian Doil dem Herbst auch etwas Schönes abgewinnen. »Die ersten Blätter haben sich schon verfärbt. Das wird in den nächsten Tagen nun immer mehr – das gibt dem Park noch einmal einen ganzen besonderen Charme«.

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Foto: dpa/Jan Woitas Opfer des Klimawande­ls: die Buchsbäume im Wörlitzer Park – befallen von ostasiatis­chen Schmetterl­ingsraupen

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