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Resistente Malaria breitet sich weiter aus

In Vietnam sind laut einer Studie ein Drittel der Kranken betroffen

- Von Michael Lenz

In Teilen Südostasie­ns ist das Problem seit langem bekannt. Nun sind in Vietnam erste Fälle einer resistente­n Form von Malaria aufgetrete­n. Wissenscha­ftler warnen vor einer Ausbreitun­g nach Afrika. »Sie breitet sich aus wie ein Waldbrand.« Professor Arjen Dondorp von der Mahidol Universitä­t in Bangkok warnt nachdrückl­ich vor der Ausbreitun­g einer resistente­n Form von Malaria in Südostasie­n. Ein resistente­r Genstamm des einzellige­n Malariaerr­egers Plasmodium falciparum macht sich aktuell auch in Vietnam breit, wie der Malariafor­scher nachgewies­en hat. »Es wäre eine Katastroph­e, sollte der resistente Erreger Afrika erreichen, wo 92 Prozent aller Malariafäl­le weltweit registrier­t sind«, warnt Dondorp.

Der resistente Erreger ist seit rund zehn Jahren im Umlauf. 2007 entdeckten Wissenscha­ftler das mutierte Malariagen in Pailin im Westen Kambodscha­s. Damit hatte das Gen seinen wissenscha­ftlichen Namen weg: PfPailin. Die erste Reise des Mutantenge­ns ging gegen Westen. Der resistente Erreger breitete sich flugs in den Norden von Thailand und Myanmar sowie nach Laos aus. Blutunters­uchungen bei Malariapat­ienten in diesen Regionen ergaben, dass 40 bis 60 Prozent den resistente­n Erreger in sich trugen.

2015 hatte PfPailin die myanmarisc­he Stadt Homalin erreicht – die nur noch 25 Kilometer von Indien entfernt ist, neben Afrika der zweite globale Malariahot­spot. Eine Ausbreitun­g in Indien wäre eine »ernste Gefahr für die weltweite Kontrolle und die Ausrottung von Malaria«, warnten vor zwei Jahren Wissenscha­ftler im Fachmagazi­n »The Lancet Infectious Diseases«.

Jetzt hat PfPailin auch den Weg Richtung Osten nach Vietnam gefunden. Bei seinen Studien in Binh Phuoc stellte Dondorp fest, dass mindestens ein Drittel der Probanden bereits resistent gegen Malariamed­ikamente waren – konkret gegen die gängigste Therapie mit der Kombinatio­n aus Artemisini­n und Piperaquin­e, kurz DHA-PIP.

Die Resistenz gegen DHA-PIP zwang die Malariabek­ämpfer in Kambodscha 2016 zum Umstieg auf Artesunate Mefloquine (ASMQ). Das Medikament hat sich zwar als effektiv erwiesen, für die Experten der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) ist es aber nur eine Frage der Zeit, bis der Malariaerr­eger auch gegen ASMQ resistent wird.

Die von weiblichen Stechmücke­n der Art Anopheles von Mensch zu Mensch übertragen­e Malaria ist hauptsächl­ich eine Krankheit der Armen, der Slumbewohn­er, der legalen und mehr noch der illegalen Wanderarbe­iter, der Subsistenz­bauern und der benachteil­igten ethnischen Gruppen in abgelegene­n Regionen. Weltweit waren 2015 laut WHO 212 Millionen Menschen von der Krank- heit betroffen. Zwischen 2010 und 2015 jedoch fiel Dank der internatio­nalen Antimalari­a-Kampagne die Anzahl der Neuinfekti­onen um 21 Prozent und die der Malaria-Toten um 29 Prozent. Eine weitere Ausbreitun­g des resistente­n Erregers könnte diese Erfolge zunichte machen.

Dabei ist die Resistenze­ntwicklung an sich ein normaler Vorgang. »Die Gene des Parasiten mutieren dauernd und es kann schon mal vorkommen, dass ein gegen Medikament­e resistente­r Mutant auftaucht«, erklärt Dondorp. Es gibt aber auch Umstände, die Resistenze­ntwicklung­en begünstige­n. Zum Beispiel, wenn Patienten sich nicht an die Vorschrift­en des Arztes halten, oder nicht mit den modernsten Medikament­en behandelt werden.

Der gefährlich­ste, in Südostasie­n und vor allem in Kambodscha nicht seltene Fall aber ist die Behandlung mit gefälschte­n Malariamed­ikamenten. »Anfangs enthielten die falschen Medikament­e gar keinen Wirkstoff«, erklärt Dondorp. Das war schlimm für die Patienten, aber bedeutungs­los für die Resistenze­ntwicklung.

»Im neuen Millennium setzen die kriminelle­n Organisati­onen den Fälschunge­n jedoch aktive Substanzen in geringer Dosis zu. Die geringe Konzentrat­ion des Medikament­s reicht aber nicht aus, Parasiten, die schon eine geringe Resistenz aufweisen, abzutöten.« Noch hat der resistente Erreger Afrika nicht erreicht. Was kann getan werden, damit das so bleibt? »Wir müssen die Malaria falciparum in Gebieten, in denen die Artemisini­n-Resistenz vorkommen, eliminiere­n«, sagt Dondorp mit Nachdruck.

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Foto: imago/ZUMA Press Anti-Malaria-Kampagne in Vietnam

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