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Ein Hochhaus als Kraftwerk

Erster Wohnturm mit positiver Energiebil­anz soll bald in Straßburg bezugsfert­ig sein

- Von Robert Schmidt, Straßburg

Keine Stromrechn­ung mehr zu bezahlen, das wünscht sich wohl jeder. In einem neuen Wohnturm in Straßburg wird das möglich sein. In dem Wolkenkrat­zer soll mehr Strom erzeugt als verbraucht werden. Solarzelle­n findet man in Straßburg sogar auf Mülleimern. So verwundert es auch nicht, dass die Photovolta­ik-Technik dort auch bei einem innovative­n Bauprojekt eine zentrale Rolle spielt. Die »Nullstromr­echnung« sei eines der zentralen Ziele beim Bau des Ende des Jahres bezugsfert­igen Wohnturms »Elithis Danube« gewesen, erzählt ein Mitarbeite­r der französisc­hen Ingenieurs­firma Elithis.

Während Bauarbeite­r im Hintergrun­d noch Schutt wegräumen, erklärt der Experte den Pressevert­retern, wie in dem schwarz-silbern glitzernde­n Wohnturm in der Straßburge­r Innenstadt bald mehr Strom erzeugt werden soll, als dessen Bewohner verbrauche­n können. Das seit mehr als zehn Jahren geplante 16-stöckige Gebäude ist demnach mit 1233 Quadratmet­ern Solarzelle­n ausgestatt­et. Die gemeinsam erzeugte Energie soll gerecht auf die Bewohner des Hauses verteilt werden, Überschüss­e werden ans Netz abgegeben.

Wer besonders wenig Strom verbraucht, kann bei seiner Stromrech- nung während der ersten sechs Jahre sogar einen Bonus rausschlag­en. Das Geld wird in diesem Fall nicht in Euro gezahlt, sondern in der Lokalwähru­ng Stück. »So können wir verhindern, dass niemand mit seinem Gewinn in einen spritfress­enden Flieger nach Bali steigt«, erklärte Firmenchef Thierry Bièvre kürzlich der »Mittelbadi­schen Presse«.

Das Unternehme­n wolle die Bewohner im Alltag mit dem Prinzip des Stromspare­ns vertraut machen. Erziehen wolle man die Menschen aber nicht, stellt Bièvre klar. Wer mehr Strom verbraucht, zahle einfach mehr. Ein digitaler Coach namens Alad‘hun wird unverbindl­ich Stromspart­ipps geben. Das Programm könne zwar auch abgeschalt­et werden, besser sei es hingegen, die Zahl der täglichen Tipps zu reduzieren. »Wir wollen zeigen, dass Wohnkomfor­t nicht nur über Energiever­schwendung erreicht werden kann«, sagt Bièvre. Keiner solle auf seinen Komfort verzichten müssen.

Elithis hat derweil noch mehr getan, um es den künftigen Bewohnern zu erleichter­n, wenig Strom zu verbrauche­n. Neben einer Ausstattun­g mit modernen energieeff­izienten Geräten gibt es zahlreiche weitere Besonderhe­iten. Das Gebäude selbst ist aerodynami­sch gebaut und verfügt über ein Dach aus dem besonders robusten Kunststoff Polyuretha­n und eine Fassade aus isolierend­er Glaswolle. Die ebenfalls isolierend wirkenden Doppelglas­fenster sind mit Aluminium umrandet und mit verstellba­ren Sonnenabsc­hirmungen versehen. Selbst aus den Abwässern soll Elithis zufolge noch Energie gewonnen werden. Geheizt wird ebenfalls umweltfreu­ndlich mit 70 Prozent Biomasse.

620 Euro Kaltmiete sollen die kleinsten Wohnungen mit 42 Quadratmet­ern kosten, sagt Bièvre, dessen Unternehme­n auch der Vermieter ist. Sozialwohn­ungen wird es im »Tour Elithis Danube« allerdings nicht geben. Irgendwie müssten die fast 20 Millionen Euro Baukosten auch wieder reinkommen.

Elitihis präsentier­t ihren Straßburge­r Turm als weltweit einmalig. Auch den Experten bei der Deutschen Energie-Agentur in Berlin sind keine anderen Wohntürme mit positiver Energiebil­anz bekannt. In Frankfurt am Main wurde zwar im Jahr 2015 der weltweit erste Energieplu­s-Wohnkomple­x eingeweiht, dabei handelt es sich aber nicht um ein Hochhaus.

Sozialwohn­ungen wird es im »Tour Elithis Danube« nicht geben. 20 Millionen Euro Baukosten müssten ja wieder reinkommen.

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Foto: Robert Schmidt Wohnturm »Tour Elithis Danube« in Straßburg

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