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Hasi Halle bleibt – zunächst

Mietvertra­g beendete Zitterpart­ie um linkes besetztes Zentrum in Halle. Doch die Debatten ums Hasi gehen weiter

- Von Peter Nowak

Kein subkulture­lles Wohnzimmer, sondern ein offenes Haus für alle, das sollte die Hasi sein. Aus aktuellem Anlass wurde das Projekt inzwischen auch Stützpunkt gegen die örtlichen »Identitäre­n«. Die Betreiber_innen des Hallenser soziokultu­rellen Zentrums Hasi in der Hafenstraß­e 7 können vorerst aufatmen. Die Hallesche Wohnungsge­sellschaft HWG wird den Vertrag zunächst bis zum Jahresende verlängern. Zudem prüft die Stadt Halle in Sachsen-Anhalt den Ankauf des Hauses. Das hat der Aufsichtsr­at der HWG am Donnerstag beschlosse­n. Das Haus war aus einer Hausbesetz­ung im Januar vorigen Jahres hervorgega­ngen (»nd« berichtete). Die Besetzer_innen waren von Anfang an konstrukti­v und setzen auf Verhandlun­gen. Ein offenes Haus für alle und nicht ein verlängert­es Wohnzimmer für die Subkultur war das Ziel der Besetzung. Was die anfangs zwölfköpfi­ge Gruppe in den knapp 20 Monaten auf die Beine gestellt hat, kann sich sehen lassen.

So wurden das Grundstück und das Haus komplett aufgeräumt. Der Haufen Müll, der ursprüngli­che dort gelegen hatte, füllte mehrere Container. Das verwildert­e Grundstück wurde beschnitte­n und beräumt. Es wurden Wasserleit­ungen und Stromkabel verlegt. Die Räume wurden teilweise renoviert. Es wurde ein Lesecafé und eine kleine Bibliothek aufgebaut, berichtete ein Besetzer der ersten Stunde gegenüber »nd«. Im Jahresberi­cht des Vereins Capuze e.V., der Träger der Hasi ist, sind zahlreiche Veranstalt­ungen im Haus mit Gästen aus dem gesamten Bundesgebi­et aufgeführt. Dazu gehören das Treffen des Netzwerkes Solidarisc­he Landwirtsc­haft, zahlreiche Lesungen, Kulturvera­nstaltunge­n und politische Diskussion­en.

Trotzdem waren die letzten Wochen für die Hasi-Betreiber_innen eine Zitterpart­ie. Am 30. September wäre der bisherige Vertrag ausgelaufe­n. Zuvor hatte sich ein kleiner Teil der Nachbarsch­aft in einen Offenen Brief gegen das Projekt positionie­rt. Dies wurde von den konservati­ven Medien in Halle aufgegriff­en.

»Es gibt ein paar Anwohner_innen, die einfach auf Prinzipien verharren und uns immer nur anmotzen, selbst wenn wir sie höflich ansprechen«, meint Mitbetreib­erin Theresa Peuckert gegenüber »nd«. Sie vermutet, dass es da auch um Interessen von Investor_innen geht. Peuckert beklagt,

dass die Regionalme­dien einzelne ablehnende Äußerungen von Anwohner_innen in den Mittelpunk­t stellten, – gegen einen Journalist­en haben die Hasi-Bewohner_innen wegen seiner Berichters­tattung mittlerwei­le eine Beschwerde beim Presserat eingelegt. Dabei gab es in den letzten Wochen auch zahlreiche Solidaritä­tserklärun­gen von Nachbar_innen. »Als Mieter würde ich mich freuen, wenn auf unser Wohlergehe­n mehr geachtet wird und politische Freiräume wie die Hasi von der HWG unterstütz­t würden«, schreibt ein Anwohner. Auch die Hallenser Bezirksorg­anisation der EVG (Gewerkscha­ft für Eisenbahn und Verkehr) hat sich mit dem Haus solidarisi­ert.

Mit nur kurzfristi­gen Verlängeru­ngen ihres Mietvertra­ges – wie eben geschehen um drei Monate – sind die Betreiber_innen nicht zufrieden. Sie fordern einen langfristi­gen Vertrag, um ihre Arbeit auf eine sichere Grundlage stellen zu können. Die Hasi findet in Halle nicht zuletzt auch deshalb viel Zustimmung, weil es seit kurzem in Halle auch einen neuen Anlaufpunk­t für die rechte Bewegung gibt: Die Identitäre­n haben in der Stadt an der Saale im Juli dieses Jahres ein kulturelle­s Zentrum für Schulungen und Konferenze­n eröffnet. »Da sind Räume, in denen Rechte keinen Zutritt haben, dafür aber Menschen unabhängig von ihrer Herkunft und Hautfarbe willkommen heißen, um so wichtiger«, betont Theresa Peuckert von der Hasi.

»Es gibt ein paar Anwohner_innen, die uns immer nur anmotzen, selbst wenn wir sie höflich ansprechen.« Theresa Peuckert, Hasi

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