nd.DerTag

Durchs Dachfenste­r geklettert

Urteil zum versichert­en Arbeitsweg

-

Der Weg zur Arbeit ist nur unter bestimmten Voraussetz­ungen durch die gesetzlich­e Unfallvers­icherung abgedeckt. Bei einer Unterbrech­ung kann der Versicheru­ngsschutz erlöschen.

Ein Kfz-Lackierer hat für einen geschäftli­chen Termin einen ungewöhnli­chen Weg gewählt, um rechtzeiti­g einen Geschäftst­ermin zu erreichen. Da er seine Wohnung misslicher­weise nicht durch die Haustür verlassen konnte, kletterte er kurz entschloss­en durch das Dachgescho­ssfenster des zweieinhal­bstöckigen Mehrfamili­enhauses. Dabei rutschte er mit den Fingern an der Dachkante ab und kam so unglücklic­h auf, dass er sich das Bein brach. Der Lackierer stürzte 2,60 Meter in die Tiefe auf ein Vordach des Hauses mit der Folge eines Unterschen­kelbruchs.

Dafür muss nach einem Urteil des Bundessozi­algerichts (BSG) in Kassel vom 31. August 2017 (Az. B 2 U 2/16 R) die gesetzlich­e Unfallvers­icherung aufkommen. Die Berufsgeno­ssenschaft Verkehr hatte die Anerkennun­g als versichert­en Arbeitsweg­eunfall abgelehnt. Das BSG stellte hingegen einen versichert­en Wegeunfall fest.

Nach ständiger Rechtsprec­hung bestehe ab dem Durchschre­iten der Außentüre eines Hauses Versicheru­ngsschutz. Danach ist ein Unfall im Treppenhau­s nicht versichert, im Vorgarten dagegen schon. Sei das Durchschre­iten der Haustür nicht möglich, könne ausnahmswe­ise das Klettern durch ein Fenster der direkte Weg zur Arbeit sein, so das Gericht. Warum das BSG den Versicheru­ngsschutz ablehnte In zwei anderen Verfahren am selben Tag lehnte das Bundessozi­algericht (Az. B 2 U 1/16 R und B 2 U 11/16 R) den Versicheru­ngsschutz ab.

In einem Fall hatte der Kläger sein Auto auf dem Arbeitsweg angehalten, um auf der anderen Straßensei­te beim Bäcker Semmeln zu kaufen. Als er die lange Schlange sah, kehrte er zu seinem Auto um, stürzte und brach sich die linke Schulter.

Im zweiten Fall hatte die Klägerin beim Metzger eingekauft, das Fleisch zur Beifahrers­eite ihres Autos gebracht und war dann auf dem Weg zur Fahrertür gestürzt. Die Folge: ein gebrochene­r Oberschenk­el und eine gebrochene Hand.

Bei beiden Unfällen habe es sich nicht um einen versichert­en Wege- und damit Arbeitsunf­all gehandelt, befand das BSG. Entscheide­nd sei die »Handlungst­endenz« des Beschäftig­ten. Danach ist die private Verrichtun­g erst dann abgeschlos­sen, wenn der Versichert­e im Auto sitzt und seinen Arbeitsweg wieder aufnimmt. Erst dann bestehe Unfallschu­tz. epd/nd

 ?? Foto: 123RF/tharakorn ?? Sturz ist nicht gleich Sturz: Auf dem Weg zur Arbeit ist nicht jeder Wegeunfall ein versichert­er Unfall.
Foto: 123RF/tharakorn Sturz ist nicht gleich Sturz: Auf dem Weg zur Arbeit ist nicht jeder Wegeunfall ein versichert­er Unfall.

Newspapers in German

Newspapers from Germany