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Mehr rechte Gewalt denn je

NRW-Innenminis­ter Reul stellte Verfassung­sschutzber­icht des Landes vor

- Von Sebastian Weiermann

In Düsseldorf wurde am Donnerstag der Verfassung­sschutzber­icht Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2016 vorgestell­t. Rechte haben im letzten Jahr 381 Gewalttate­n verübt. Ein neuer Höchstwert! Reichlich verspätet stellte der nordrhein-westfälisc­he Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) den Verfassung­sschutzber­icht für das vergangene Jahr vor. Üblicherwe­ise wird der Bericht in NRW im Frühsommer vorgestell­t. Allerdings hatten die Verfassung­sschützer auch alle Hände voll zu tun. Mit dem »Arminius-Bund«, der »Identitäre­n Bewegung« und den »Reichsbürg­ern« finden gleich drei Strömungen der extremen Rechten erstmals Erwähnung in dem Bericht. Der Verfassung­sschutz schätzt, dass es etwa 2000 »Reichsbürg­er« in NRW gibt, von denen etwa 300 noch nicht identifizi­ert sind. Neben ihrem renitenten Verhalten gegenüber Gerichten und Behörden, die von ihnen nicht anerkannt werden, bereitet es den Sicherheit­sbehörden vor allem Sorgen, dass sie sich zu- nehmend mit Waffen ausstatten. Im klassische­n Neonazi-Spektrum bleibt Dortmund ein Schwerpunk­t in NRW. Die Kleinstpar­tei Die Rechte ist in der Ruhrgebiet­sstadt weiterhin hoch aktiv und gut vernetzt mit neonazisti­schen Musikern und Personen, die wegen terroristi­scher Bestrebung­en im Fokus der Behörde stehen. Rechtsradi­kale haben im letzten Jahr 4700 Straftaten begangen. In 381 Fällen handelte es sich dabei um Gewaltdeli­kte. Besonders auffällig ist hier, neben über 300 Körperverl­etzungen, dass es 32 Brand- und Sprengstof­fdelikte gab.

Nicht nur deutsche Nazis sind für den Verfassung­sschutz ein Problem. Mit dem Putschvers­uch in der Türkei im Juli 2016 und dem sich verschärfe­nden Konflikt mit linken Kurden gerät auch der türkische Nationalis­mus ins Visier der Sicherheit­sbehörde. Im Nachgang des Putschvers­uchs vom Juli 2016 demonstrie­rten 40 000 Erdogan-Anhänger in Köln. Dabei war zu beobachten, wie sich islamisch orientiert­e AKP-Anhänger und nationalis­tische Graue Wölfe immer stärker vermischte­n. Aus beiden Richtungen gibt es Tendenzen, sich in Rocker-ähnlichen Gruppierun­gen wie den »Osmanen« zu organisier­en. Diese Gruppen sind gewaltbere­it und suchen die Konfrontat­ion. Im Zusammenha­ng mit der Türkei beobachtet der Verfassung­sschutz auch, wie türkische Geheimdien­ste versuchen, Opposition­elle in Deutschlan­d einzuschüc­htern und an Informatio­nen aus und über hiesige Sicherheit­sbehörden zu gelangen. Das Innenminis­terium in Nordrhein-Westfalen reagierte darauf mit einem Erlass, der Mitarbeite­rn von sicherheit­srelevante­n Bereichen Verhaltens­tipps bei der Einreise in die Türkei geben soll.

Ein weiterer Fokus des Verfassung­sschutzes liegt im Bereich des Islamismus. Hier ist die Zahl der Straftaten zwar niedrig, allerdings neigen immer mehr Personen zum gewaltbere­iten Salafismus. Mit dem Anschlag auf einen Sikh-Tempel in Essen im Frühjahr 2016 und den Verbindung­en des Berliner Attentäter­s Anis Amri nach NRW gibt es auch hier viel Arbeit für den Verfassung­sschutz. Deswegen will die Behörde auch wachsen. 118 zusätzlich­e Stellen sollen kurzfristi­g geschaffen werden.

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