nd.DerTag

Rajoy ist unfähig zum Dialog

Martin Ling über die Verweigeru­ng von Spaniens Regierungs­chef

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Hablemos/Parlem! Lasst uns reden auf Spanisch und Katalonisc­h: Diese Forderung erhoben Tausende Spanier und Katalanen am Wochenende weit über Barcelona hinaus. Es war der weiß gekleidete bisher öffentlich schweigend­e Teil der Bevölkerun­g. »Redet oder tretet zurück!« Diese Aufforderu­ng an Spaniens Ministerpr­äsident Mariano Rajoy und den Chef der katalanisc­hen Regionalre­gierung, Carles Puigdemont, ließ an Eindeutigk­eit nichts zu wünschen übrig. Wie groß dieser Teil an der spanischen und katalanisc­hen Bevölkerun­g ist, der noch einen Dialog für möglich hält, ist schwer abschätzba­r. Spanien und Katalonien sind dreigeteil­t: in Befürworte­r der harten Hand für die Einheit, in Unabhängig­keitsbefür­worter Katalonien­s und in Dialogford­ernde und -bereite.

Wozu Spaniens Premier Mariano Rajoy gehört, steht außer Frage: Er ist nicht dialogbere­it. Dass er über die Unabhängig­keit Katalonien­s nicht reden will, mag verfassung­sgemäß sein, dass er einen Dialog über neue Autonomier­egelungen für Katalonien seit Jahren kategorisc­h verweigert, ist unverantwo­rtlich. 2006 lag die Zustimmung zur Unabhängig­keit in Katalonien bei unter 20 Prozent. Erst durch den Frontalang­riff von Rajoys PP via Verfassung­sgericht auf das 2006 verabschie­dete neue Statut – das 2010 im Wesentlich­en einkassier­t wurde – hat sich das geändert. Wenn Puigdemont am Dienstag die Unabhängig­keit erklären sollte, ist die Chance auf Dialog dahin. Mit unkalkulie­rbaren Folgen bis hin zu einem Bürgerkrie­g. Lasst uns reden!

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