Machtstreben statt Wählerwillen
Zu »Dobrindt sieht schwarz für Jamaika«, 6.10., S. 8
Deutschland hat gewählt und ca. 75 Prozent der Wahlberechtigten haben ihre Stimme »abgegeben«. Auf alle Wahlberechtigten bezogen waren rund 25 Prozent für die CDU. Wenn man die Nichtwähler, die offensichtlich gegen alle Parteien sind oder die freien demokratischen Wahlen als sinnlos erachten, ebenfalls als CDU-Gegner betrachtet, leitet also die CDU/CSU ihren »Wählerauftrag zur Regierungsbildung« daraus ab, dass einer von vier Wahlberechtigten für sie gestimmt hat.
Hieraus den Anspruch abzuleiten, die Politik und damit das Leben aller Bürger bestimmen zu können, ist doch sehr anmaßend. Nun hat die CDU/CSU deutlich an »Wählerzustimmung« verloren, was aber nicht auf Fehler beim Wahlkampf zurückzuführen sei. Der Fehler liegt offensichtlich anderswo, z. B. bei der bisherigen Politik als führende Kraft in den Koalitionen. Weitere Verluste resultieren auch aus dem Wegsterben der kritiklosen Stammwähler.
Wer jünger ist und sich auf ein unsicheres, weil möglicherweise öfters unterbrochenes Berufsleben mit anschließender Altersarmut einstellen kann bei einer Weiterführung der »alternativlosen« Weiter-so-Politik, hat natürlich wenig Interesse daran, hierfür seine Stimme »abzugeben«. Aktuell wird wohl Jamaika kommen, weil man nach Macht und nicht nach Erfüllung des wirklichen Wählerauftrages und -willens strebt.