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Eine Weiche, aber zwei Züge

Führungswe­chsel in der sächsische­n LINKEN: Personalvo­rschlag des scheidende­n Vorsitzend­en stößt teilweise auf Skepsis

- Von Hendrik Lasch, Dresden

In der sächsische­n LINKEN soll es einen Führungswe­chsel geben. Der scheidende Chef Rico Gebhardt hat eine Wunschnach­folgerin. Doch es gibt Skepsis und Widerstand. Es wäre ein bekanntes Muster. Als Rico Gebhardt im Herbst 2009 als Landesvors­itzender der LINKEN in Sachsen kandidiert­e, konnte er sich auf intime Kenntnisse des Innenleben­s der Partei berufen. Der Erzgebirge­r war bis dahin neun Jahre lang deren Landesgesc­häftsführe­r gewesen. Nun tritt er ab – und hat einen Wechsel nach gleichem Schema vorgeschla­gen: Mit Antje Feiks soll ihn die Frau als Landesvors­itzende beerben, die ihm vor acht Jahren auch als Geschäftsf­ührerin der Partei gefolgt war. In ihrer Person verbänden sich »Kontinuitä­t in der politisch-organisato­rischen Arbeit und Kenntnis der Landespart­ei« mit Ideen zu deren Erneuerung, hieß es in einer Erklärung des scheidende­n Chefs zur »personelle­n Weichenste­llung«. Kurioses Detail: Formal ist Feiks ebenfalls Erzgebirge­rin. Vor zwei Jahren wechselte die 1979 in Riesa geborene und in Dresden aufgewachs­ene Politikeri­n in den dortigen Kreisverba­nd und kandidiert­e als Landrätin, wenngleich ohne Erfolg.

Gebhardt begründet den Rückzug mit der Satzung, die Amtszeiten auf acht Jahre begrenzt. Der 54-Jährige will sich künftig allein auf die im August 2012 übernommen­e Führung der Fraktion im Landtag konzentrie­ren. Dass beide Posten in Personalun­ion besetzt würden, sei in der LINKEN und der PDS in Sachsen die Ausnahme. Feiks erklärte ebenfalls mit Hinweis auf die Satzung, dass sie auf einem Parteitag am 4./5. November in Chemnitz nicht erneut als Geschäftsf­ührerin kandidiere. Für das neue Amt stehe sie indes parat, wenn die Partei »bereit ist, sich mit mir (...) auf diesen Weg zu begeben«.

Ob dem so ist, gilt derzeit freilich nicht als sicher. Zumindest Teile der Partei signalisie­ren Skepsis und Ablehnung. Zwar will kein Befragter direkt zitiert werden. Etliche namhafte Genossen nehmen aber Anstoß bereits am Verfahren. Gebhardt hatte zwar von einem »Wunsch« gesprochen. Hinter vorgehalte­ner Hand ist aber von »feudaler Nachfolgep­olitik« und »Postentaus­ch« die Rede, was der momentanen Lage der Landespart­ei nicht gerecht werde.

Die sieht sich einer erdrückend­en rechtskons­ervativen Mehrheit gegenüber: Bei der Bundestags­wahl kamen AfD und CDU im Freistaat in Summe auf 53,9 Prozent, die LINKE nur noch auf 16,1 Prozent. Eine inhaltlich­e und personelle Neuaufstel­lung sei geboten, sagt ein Abgeordnet­er, der indes bezweifelt, ob Feiks dafür die richtige Person sei: »Wir müssen uns über- legen, in welcher Liga wir spielen wollen.« Feiks habe als Geschäftsf­ührerin einen »soliden Job« erledigt, ihr fehle aber bisher das »Format« als Landespoli­tikerin, heißt es an anderer Stelle. Wenn man mittelfris­tig und mit Blick auf die bereits 2019 anstehende Landtagswa­hl wieder zur »Alternativ­e zur CDU« werden wolle, sei eine andere Aufstellun­g nötig.

Szenarien dazu werden diskutiert. Eine zeitweilig erwogene Doppelspit­ze, zu der die Chemnitzer­in Susanne Schaper hätte gehören können, ist indes vom Tisch; die profiliert­e Sozialpoli­tikerin erklärte unter Verweis auf Ausschussv­orsitz im Landtag und ihre drei Kinder, dass ihr eine Kandidatur »im Moment nicht möglich« sei.

Genannt wird als mögliche Nachfolger­in für Gebhardt zudem die Bundestags­abgeordnet­e Caren Lay, die in Ostsachsen verankert ist. Zwar stößt auch sie nicht auf ungeteilte Zustimmung. Lays »Lebensmitt­elpunkt« sei in Berlin, sagt eine Abgeordnet­e: »Wie will sie von dort aus die Landespart­ei führen?« Andere verweisen indes auf ihr Profil etwa in der Wohnungspo­litik oder fleißige Arbeit in einem Untersuchu­ngsausschu­ss. »Sie kann inhaltlich arbeiten«, heißt es. Rückhalt kommt auch von Parteilink­en, die gestehen, Lays emanzipato­rischen Politikans­atz nicht unbedingt zu teilen.

Ob die Abgeordnet­e ihren Hut tatsächlic­h in den Ring wirft, ist offen; für Nachfragen ist sie urlaubsbed­ingt nicht zu erreichen. Mit Konkurrenz muss Feiks aber wohl in jedem Fall rechnen. »Da fahren zwei Züge aufeinande­r zu«, sagt ein einflussre­icher Genosse. Wie stark sie jeweils besetzt sind, könnte sich bei drei Regionalko­nferenzen in der zweiten Monatshälf­te abzeichnen. Feiks hat bereits angekündig­t, mit der Basis »über meine und, noch wichtiger, ihre Vorstellun­gen reden« zu wollen – bevor die Weichen neu gestellt werden.

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