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In Nordirak geht es um viel Geld

Noch belässt es die Türkei bei Drohungen

- Von Jan Keetman »Ökonomisch­es Embargo ist ein gefährlich­es Wort.«

Bagdad hat wegen des Streits um das Unabhängig­keitsrefer­endum in Nordirak die Türkei und Iran gebeten, die Grenzen zu den kurdischen Autonomieg­ebieten zu schließen. Iraks Außenminis­ter habe den beiden Nachbarlän­dern offizielle Mitteilung über deren Botschafte­n in Bagdad zukommen lassen, berichtete das Staatsfern­sehen am Wochenende. Sie seien zudem gebeten worden, jeglichen Handel mit den kurdischen Gebieten einzustell­en.

Spekulatio­nen, die irakische Armee könnte von türkischem Boden und mit türkischer Unterstütz­ung die Kontrolle der Grenze von den Kurden übernehmen, haben sich als falsch erwiesen. Ein paar Ankaras Wirtschaft­sminister Nihat Zeybekci Panzer hat man vom Grenzmanöv­er der türkischen Armee am Übergang Ibrahim Khalil zur Autonomen Region Kurdistan noch stehen lassen. Doch das Gros ist abgezogen; auch die zwei Dutzend Soldaten der irakischen Zentralreg­ierung, die hier neben türkischem Militär vor der Kamera die Fahne schwenken durften, sind wieder weg.

In einer anderen Frage zeigte sich zuletzt ebenfalls auffallend­e Entspannun­g. Die Reise des türkischen Staatspräs­identen Tayyip Erdogan und seines Generalsta­bschefs Hulusi Akar nach Teheran Anfang des Monats erweckte den Anschein, die beiden Länder und die irakische Regierung planten ein gemeinsame­s Vorgehen gegen die kurdischen Separatist­en. Dass das nicht auf der Agenda stand, wurde klar, als Irans Präsident Hasan Rowhani nach seinem Gespräch mit Erdogan vor die Kamera trat und sagte: »Das Volk von Irakisch-Kurdistan sind unsere sehr geschätzte­n Brüder, wir wollen sie nicht unter Druck setzen.«

Dabei schien Iran noch eher bereit, mit der Schließung zweier wichtiger Grenzüberg­änge tatsächlic­h Druck zu machen. Doch um wirksam Einfluss zu nehmen, hätte die Türkei zugleich den Grenzüberg­ang Ibrahim Khalil und die Ölpipeline Kirkuk-Ceyhan schließen müssen. Mit beidem hatte Erdogan öffentlich gedroht Doch dann meldete sich sein Wirtschaft­sminister Nihat Zeybekci. Ökonomisch­es Embargo sei ein »gefährlich­es Wort« meinte er, denn »unsere Verkäufe kämen zum Stillstand«.

Laut Zeybekci geht es um ein Handelsvol­umen von acht bis neun Milliarden Dollar. Über Ibrahim Khalil werden nicht nur Exporte ins kurdische Gebiet abgewickel­t, sondern auch in den übrigen Irak und in die Golfstaate­n. Eine realistisc­he Alternativ­e gibt es wegen des Bürgerkrie­ges in Syrien derzeit nicht. Hinzu kommt das Ölgeschäft, das heißt sowohl die Einnahmen der Türkei durch den Weitertran­sport des Öls als auch die Ölförderun­g selbst.

Ankara hat Ölförderve­rträge mit 50 Jahren Laufzeit mit der kurdischen Regionalre­gierung abgeschlos­sen. Erdogans Ankündigun­g, künftig nur noch Fördervert­räge mit Bagdad anzuerkenn­en, geht an den Realitäten vorbei. Auf Ankara und Teheran mäßigend eingewirkt haben dürfte auch Moskau, denn Russland hat in letzter Zeit viel in den Erdölsekto­r in Nordirak investiert. Der Präsident der Autonomen Region Kurdistan, Masud Barzani, hatte sogar damit gedroht, Öl mit russischer Hilfe über Syrien zu exportiere­n, wenn Ankara den Hahn zudrehen sollte.

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