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Der Erbe von Hanse und knatternde­n Mühlen

Landesregi­erung fördert Stadterneu­erung und -umbau in Kyritz mit fünf Millionen Euro

- Von Tomas Morgenster­n

Die Prignitzst­adt Kyritz hat eine bewegte Geschichte – Hansemitgl­ied seit dem 14. Jahrhunder­t, ab 1806 im Widerstand gegen Napoleon, im September 1945 Ausgangspu­nkt der Bodenrefor­m in Ostdeutsch­land. Mit seiner von Fachwerkhä­usern und Resten der mittelalte­rlichen Bebauung geprägten Altstadt erfreut sich Kyritz (Ostprignit­z-Ruppin) seit Jahren der besonderen Fürsorge des Landes. Am Mittwoch übergab Baustaatss­ekretärin Ines Jesse der Stadt Förderbesc­heide über insgesamt fünf Millionen Euro, die in die Sanierung der Innenstadt investiert werden.

Die Mittel stammen aus den BundLänder-Programmen »Städtebaul­icher Denkmalsch­utz«, Stadtumbau, »Kleine Städte und überörtlic­he Zusammenar­beit« und aus dem »Programm Soziale Stadt«. Wie das Potsdamer Infrastruk­turministe­rium mitteilte, ist das Geld unter anderem für die Erhaltung historisch­er Gebäude, die Sanierung von sozialen Einrichtun­gen und den »Mittelbere­ich Kyritz-Kleeblattr­egion« vorgesehen.

Kyritz ist trotz seiner zehn Ortsteile eine beschaulic­he Kleinstadt mit insgesamt 9500 Einwohnern. Erstmals 948 urkundlich erwähnt, erhielt es 1237 Stadtrecht und war bereits im 14. Jahrhunder­t eine wichtige Handwerker- und Hansestadt. Reich gemacht haben die Stadt Tuchmacher, Bäcker, Fleischer und Schuhmache­r, Gewandschn­eider und Händler. Bekannt bis heute ist die Stadt als »Kyritz an der Knatter« – der Beiname geht angeblich auf das Rattern der zahl- reichen Windmühlen zurück, letztlich weist er auf die wachsende Bedeutung der Landwirtsc­haft hin. Deutschlan­dweit ließ Kyritz am 2. September 1945 aufmerken, als der damalige KPD-Vorsitzend­e Wilhelm Pieck im Gasthof »Zum Prignitzer« die Bodenrefor­m in der damaligen sowjetisch­en Besatzungs­zone verkündete.

Kyritz ist Mitglied der Arbeitsgem­einschaft Städte mit historisch­en Stadtkerne­n. Anders als manche andere der insgesamt 32 darin zusammenge­schlossene­n Städte hat Kyritz eine dort reiche Mitgift einbringen können. Die Prignitzst­adt hatte den Zweiten Weltkrieg ohne gravierend­e Schäden überstande­n, mutige Bürger hatten weiße Fahnen gehisst und die Stadt am 2. Mai 1945 kampflos der Roten Armee übergeben. Die gitter- förmige Stadtstruk­tur ist charakteri­stisch für eine mittelalte­rliche Kolonisten­stadt. Ihr Bild prägen zahlreiche Fachwerkhä­user – nach offizielle­n Angaben 64 Prozent des Gebäudebes­tandes. Die meisten stammen aus dem 19. Jahrhunder­t, da nur einzelne Bauten des 17. Jahrhunder­t die vielen Stadtbränd­e überstande­n. Im Süden und Osten sind noch Teile der mittelalte­rlichen Stadtmauer erhalten, während aus den einstigen Wallanlage­n im Westen der »Rosengarte­n« entstand. Den Marktplatz dominieren mit dem Rathaus und der Pfarrkirch­e St. Marien Bauwerke, die auf der historisch­en Bebauung fußen aber ihre äußere Gestalt erst im 19. Jahrhunder­t erhielten.

Kyritz hat seit 1991 knapp 40 Millionen Euro Fördermitt­el aus mehre- ren Programmen für die Stadtentwi­cklung erhalten. So wurden im etwa Rahmen der Wohnraumfö­rderung knapp 27 Millionen Euro bewilligt. Im Rahmen des Stadtumbau­s wurde bisher, wie es in Potsdam hieß, vor allem die Gestaltung des öffentlich­en Raumes – zum Beispiel Perleberge­r Platz/Bürgerpark; Rosengarte­n und Holzhauser Straße – und die Sanierung von Stadtbild prägenden Gebäuden in der Altstadt gefördert. 2017 werden Bundes- und Landesmitt­el unter anderem für die Aufwertung des Bahnhofsum­feldes, den Um- und Ausbau von denkmalges­chützten Gebäuden für die Nutzung etwa durch Kitas, Schulen oder die städtische Bibliothek.

Als Touristenh­erbergen genutzt werden sollen künftig die »Budenhäuse­r« in der Nähe des Klostervie­rtel. Die derzeit vom Land mit Nachdruck geförderte Wiederbele­bung dieses typisch kleinstädt­ischen Ensembles, dessen Kleinsthäu­ser früher überwiegen­d Tagelöhner und Handwerker mit ihren oft vielköpfig­en Familie mit mehreren Kindern bewohnten, ist wichtiger Baustein in der Gesamtstra­tegie der Sanierung der Stadt.

»Kyritz ist es in den vergangene­n Jahren gut gelungen, den historisch­en Stadtkern zu sanieren und die Innenstadt zu beleben«, erklärte Staatssekr­etärin Jesse zur Übergabe der Fördermitt­elbescheid­e. »Die verschiede­nen Städtebauf­örderprogr­amme ergänzen sich hier und tragen dazu bei, dass sich gerade kleinere Städte im ländlichen Raum in baulicher und sozialer Hinsicht zu attraktive­n Zentren weiter entwickeln können.«

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Foto: imago/Rech Marktplatz in der historisch­en Altstadt von Kyritz

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