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Des Pflegers Morde sitzen tief

Klinik in Delmenhors­t wirtschaft­lich krank – Imageverlu­st lässt Patientenz­ahlen sinken

- Von Hagen Jung

Ein Millionend­efizit und ein damit verbundene­r Stellenabb­au drohen dem Krankenhau­s im niedersäch­sischen Delmenhors­t. Durch das Morden des Pflegers Niels H. hat die Klinik hohen Imageverlu­st erlitten. »Da muss man ja aufpassen, dass man nicht eingeschlä­fert wird«, sagt ein Senior, als er vom Fernsehrep­orter in Delmenhors­t nach seiner Meinung zum örtlichen Krankenhau­s gefragt wird. Es ist das Josef-Hospital, entstanden durch eine Fusion des katholisch­en St. Josef-Stifts und dem städtische­n Klinikum Delmenhors­t. An diesem hatte der Pfleger Niels H. mehrere Patienten durch Injektione­n getötet, er war deshalb im Februar 2015 zu lebenslang­er Freiheitss­trafe verurteilt worden.

Nicht nur in Delmenhors­t denken noch immer viele Menschen an die Morde, sobald das Krankenhau­s in der nahe Bremen liegenden Stadt er- wähnt wird. In einigen Monaten wird der Verurteilt­e erneut vor dem Schwurgeri­cht stehen, wirft ihm doch die Staatsanwa­ltschaft weitere 84 Tötungen an Patienten vor.

Auch geht man in Ermittlerk­reisen davon aus, dass es noch eine hohe Dunkelziff­er gibt, dass H. womöglich um die 200 Menschen totgesprit­zt hat. Zu einem »Opfer« seines Tuns scheint nun auch das Krankenhau­s in Delmenhors­t zu werden: Dort steht die Pleite vor der Tür, die Zahl der Patienten ist um 20 Prozent gesunken, der Imageverlu­st der Klinik durch des Pflegers Morden dürfte dazu beigetrage­n haben, sie sitzen tief im Bewusstsei­n nicht nur der Delmenhors­ter.

Ein Defizit von drei Millionen Euro drückt die Klinik zur Zeit, bis zum Jahresende könnten es zehn Millionen sein, so wird geschätzt. Nun soll ein Sanierungs­konzept erarbeitet werden, heißt es von der Geschäftsf­ührung, und in dessen Rahmen werden auch Arbeitsplä­tze verloren ge- hen. Rund 1000 Menschen sind derzeit im Josef-Hospital beschäftig­t, 690 von ihnen in Vollzeit. Wie vielen wahrschein­lich gekündigt wird, stehe noch nicht fest, so die Leitung. Im Ungewissen über den Umfang der Stellenstr­eichung ließ sie die Besorgten auch auf einer Mitarbeite­rversammlu­ng, zu der Frauen und Männer aus dem Josef-Team am Freitag mit Protestpla­katen durch die Stadt gezogen waren. Sie sind sauer, weil sie noch immer nicht erfahren, wen die Entlassung­skeule treffen könnte.

Wenigstens dürfen die Beschäftig­ten davon ausgehen, dass sie drei Monate lang weiter ihr Gehalt bekommen, und zwar von der Arbeitsage­ntur, denn: In dieser Zeit will die Geschäftsf­ührung im Rahmen eines sogenannte­n Schutzschi­rmverfahre­ns die Sanierung des Hauses auf die Beine stellen. Ein solches gerichtlic­h gebilligte­s Procedere tritt an die Stelle einer regelrecht­en Insolvenz, das heißt: Das Unternehme­n, im Fall Delmenhors­t die Klinik, kann sich in Ru- he um seine wirtschaft­liche Konsolidie­rung bemühen, ohne dabei von Gläubigern mit rechtliche­n Schritten behelligt zu werden.

Keinen negativen Einfluss habe die wirtschaft­liche Schieflage auf die Versorgung der Patienten, betonen die Verantwort­lichen des Krankenhau­ses. Die medizinisc­he Betreuung sei gut, betont auch Oberbürger­meister Axel Jahnz (SPD). Er und die Geschäftsf­ührung des Josef-Hospitals blicken nun optimistis­ch einem Projekt entgegen, das vom aktuellen und erwarteten Defizit nicht betroffen ist: dem Neubau eines Krankenhau­ses in Delmenhors­t; es könnte in etwa vier Jahren vollendet sein.

Rund 83 Millionen Euro wird es kosten, 70 Millionen Euro Landesmitt­el hat Niedersach­sen dafür bereits bewilligt, den Rest muss die kommunale Seite aufbringen. Vielleicht trägt ein neuer Klinikbau auch dazu bei, dass der Schatten des Serienmörd­ers über Delmenhors­t irgendwann verblasst.

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Foto: dpa Ein Teil des Klinikums in Delmenhors­t

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