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Herber Rückschlag für Hessens CDU

Opelstadt Rüsselshei­m: OB Burghardt wird abgelöst

- Von Hans-Gerd Öfinger, Wiesbaden

Mit einer Überraschu­ng endete am Sonntagabe­nd die Oberbürger­meisterwah­l in der hessischen Opelstadt Rüsselshei­m. Entgegen allgemeine­r Erwartunge­n ging nicht CDU-Amtsinhabe­r Patrick Burghardt, sondern der unabhängig­e Bewerber Udo Bausch als Sieger aus der Stichwahl um den Chefposten im Rathaus der 63 000Einwohn­er-Kommune hervor.

Der 36-jährige Christdemo­krat Burghardt hatte als junger Landtagsab­geordneter vor sechs Jahren überrasche­nd die OB-Wahl für sich entschiede­n. Vor zwei Wochen hatte er dann im ersten Wahlgang mit rund 49 Prozent noch einmal deutlich die Nase vorn. Doch bei der Stichwahl vereinigte der 61 Jahre alte Herausford­erer Bausch 50,7 Prozent der Stimmen auf sich. Es war knapp: Bausch errang 8460 Stimmen, Burghardt 8234 Stimmen. Die Wahlbeteil­igung lag am Sonntag bei 37,8 Prozent und damit deutlich niedriger als im ersten Wahlgang. Der Wahlsieger Bausch wird seinen neuen Posten Anfang Januar übernehmen.

Die Abwahl Burghardts ist ein Rückschlag für die seit 1999 im Land tonangeben­de Hessen-CDU. Sein Antritt war 2011 als Prestigege­winn für die Partei wahrgenomm­en worden, die damals bei den Oberbürger­meisterwah­len in den nahen Großstädte­n Frankfurt am Main und Wiesbaden deutliche Niederlage­n erlitt und seither in keiner hessischen Großstadt mehr den OB stellt.

Der Sieger vom Sonntag ist ein erfahrener Verwaltung­sjurist, hatte viele Jahre in Rüsselshei­m gewohnt und ist derzeit noch hauptamtli­cher Beigeordne­ter im Rathaus des rheinland-pfälzische­n Bad Kreuznach. Er wurde von den Rathausfra­ktionen von SPD, Grünen, Die Linke/Liste Solidaritä­t und »Wir sind Rüsselshei­m« unterstütz­t – ein lockeres Mitte-LinksBündn­is, das seit der Kommunalwa­hl 2016 in Stadtparla­ment und Magistrat den Ton angibt.

Burghardt, der sich bis Anfang 2016 auf ein schwarz-grünes Rathausbün­dnis gestützt hatte, war seither zunehmend in Konflikt mit der neuen Mehrheit geraten. Kritiker warfen ihm einen autoritäre­n Führungsst­il vor. Dass der Hessentag, ein alljährlic­hes riesiges Volksfest des Landes, im diesem Sommer ausgerechn­et in Rüsselshei­m stattfand, wurde von Beobachter­n als Rückendeck­ung für Burghardt durch die CDU-beherrscht­e Staatskanz­lei gesehen.

Katzenjamm­er machte sich allerdings breit, weil die Großverans­taltung ein Drei-Millionen-Loch in die Stadtkasse riss. Dass das Land dann vor wenigen Tagen demonstrat­iv zusätzlich­e Gelder in unbestimmt­er Höhe zur Deckung des Defizits zusagte, wertete Hessens SPD-Generalsek­retärin Nancy Faeser als »Millioneng­eschenk« und »Wahlkampfh­ilfe für einen sich in der Bredouille befindlich­en Oberbürger­meister aus den eigenen Reihen«. Umso mehr freute sich SPD-Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel über »großartige­n Wahlerfolg« des als SPD-nah geltenden Bewerbers Bausch.

Doch die Bäume der HessenSPD wachsen nicht in den Himmel. So unterlagen am Sonntag SPD-Bewerber bei den Bürgermeis­terwahlen in Höchst (Odenwaldkr­eis) und Leun (Lahn-DillKreis). Allerdings versucht die Partei Honig aus der Tatsache zu saugen, dass ihr Bewerber Julian Schweitzer in der 8000-Einwohner-Gemeinde Bad Endbach (Landkreis Marburg-Biedenkopf) die Bürgermeis­terwahl mit 59,5 Prozent für sich entschied – der 25Jährige wird damit jüngster Rathausche­f des Landes. Im Februar steht nun die OB-Wahl in Hessens größter Stadt an: Frankfurt am Main. Von ihr wird tatsächlic­h eine Signalwirk­ung für die Landtagswa­hl Ende 2018 erwartet.

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