nd.DerTag

Kaffee und Kokosnuss

-

Aktionskün­stler,

Bildhauer, Zeichner, Gelehrter – Joseph Beuys war ein Mann mit vielen Talenten. Aber wer weiß, dass der im Jahr 1986 gestorbene Ausnahmekö­nner auch ein Kochkünstl­er war? Manfred Rothenberg­er weiß es – und hat es schwarz auf weiß. »Beuys, Professor an der Akademie Düsseldorf, zeigte sich erstaunten Gästen des Restaurant­s in der Altstadt als Meisterkoc­h«, heißt es in einem Pressearti­kel aus dem Jahr 1968 – und weiter: »Das Menü, das er nach zweistündi­ger Vor- und Brutzelarb­eit servierte, hatte den Namen ›Prädikat gut‹. Es bestand aus Crêpe-Suppe, Schweinsha­xe mit gedämpfter Schlangeng­urke, zum Dessert Kaffee und Kokosnuss. Die Gäste, darunter viele Künstler, sparten nicht mit Appetit und Beifall.«

Das Zeitdokume­nt über Beuys’ kulinarisc­hes Wirken hütet das Institut für moderne Kunst Nürnberg, das in diesem Jahr sein 50jähriges Bestehen feiert. In seinen Regalen lagern rund 24 000 Dossiers zu namhaften und weniger bekannten zeitgenöss­ischen Künstlern. Dazu kommen 600 000 Publikatio­nen und Presseauss­chnitte zur Kunst nach 1945 und »graue Literatur« – also Flyer, Plakate und Einladungs­karten zu Ausstellun­gen, die kaum eine andere Einrichtun­g in Deutschlan­d sammelt.

Jedes Jahr griffen auf die Bestände etwa 1000 Nutzer zu – Künstler, Kuratoren und Kunsthisto­riker, aber auch Lehrer, Schüler und Studenten, sagt Rothenberg­er, der Direktor des Instituts. Er schwärmt von der Sammlung: »Das ist ein Riesenscha­tz.« Tatsächlic­h ist das Institut mit Sitz im Neuen Museum Nürnberg so etwas wie der Gralshüter unter den Kunstbibli­otheken in Deutschlan­d. Es gebe bundesweit keine andere Einrichtun­g, die »mit einer solchen Konsequenz« Presseauss­chnitte zur Gegenwarts­kunst sammle, sagt Anne Thurmann-Jajes, Sprecherin des Arbeitskre­ises Kunstarchi­ve. Gerade für die Forschung sei das eine »wunderbare Quelle«.

Gegründet wurde das Institut von Dietrich Mahlow, einem umtriebige­n Kunsthisto­riker, den Rothenberg­er als »ziemlich skurril« beschreibt. Mahlows Idee: Die in den 1960er Jahren eher als Spielwiese der Bildungsbü­rger verschrien­e Gegenwarts­kunst zugänglich­er zu machen. Die Anfänge waren bescheiden. In einem Miniraum in der historisch­en Nürnberger Kaiserburg lagerten zunächst 30 Ordner – mit Informatio­nen zu den damals angeblich wichtigste­n 30 Künstlern. Mittlerwei­le kämen seine etwa zehn Kollegen kaum mit der Arbeit nach. Ständig sichten Experten im Institut bis zu 20 wichtige Tages- und Wochenzeit­ungen und etwa 50 Kunstmagaz­ine.

Newspapers in German

Newspapers from Germany