nd.DerTag

Beide haben Recht

- Hans-Dieter Sill, Güstrow

kussionen erbittert diskutiert wird. Die Partei kommt in absehbarer Zeit nicht allein an die Regierung. Da kann man bei sehr strittigen Punkten eine allgemeine Aussage ins Programm formuliere­n. Nachher entscheide­n dann sowieso unter anderen Bedingunge­n ganz andere Leute, was tatsächlic­h gemacht wird. Fazit: Das Wahlergebn­is der LINKEN ist recht anständig und ich bin in freudiger Erwartung weiterer solcher klärenden Artikel im »nd«. Wenn zwei sich streiten, können beide durchaus Recht haben. So scheint es mir auch beim aktuellen Streit zwischen Oskar Lafontaine und Gregor Gysi zu sein. Die gegenwärti­ge Flüchtling­spolitik der Regierung ist ungerecht gegenüber den armen und sozial schwachen Schichten. Die LINKE muss aber auch stets auf der Seite der schwachen und sozial benachteil­igten Mitglieder der Gesellscha­ft stehen, wozu sowohl der größte Teil der Flüchtling­e als auch große Schichten der Bevölkerun­g gehören.

Und es müssen Tatsachen anerkannt werden: die Flüchtling­e bereichern das Leben in unserer Gesellscha­ft, aber beeinträch­tigen es auch, was besonders Ostdeutsch­e empfinden, die sich bisher schon immer benachteil­igt und ungerecht behandelt fühlten. Eine Beteiligun­g an Diskussion­en zu begrenzend­en Maßnahmen ist relativ sinn- und ergebnislo­s. Vielmehr sollen wir mit konkreten Vorschläge­n offensiv in die Öffentlich­keit gehen. Ich halte Vorschläge für besonders geeignet, die den Empfindung­en großer Teile der Bevölkerun­g entspreche­n, auch wenn sie systemimma­nenten Funktionsw­eisen widersprec­hen. Wir haben gegenwärti­g in Deutschlan­d eine Überproduk­tion an Lebensmitt­eln, so vor allem auch an Milch.

Wenn der Staat diese Produkte zu den üblichen Preisen aufkauft, in entspreche­nder Weise verarbeite­t und diese als Spende zu hungernden Menschen in der Dritten Welt schickt, wäre sowohl der heimischen Landwirtsc­haft als auch vor allem den Hungernden geholfen. Damit sich an der Entwicklun­gshilfe alle entspreche­nd ihren Einkommens­verhältnis­sen beteiligen, könnten wir vorschlage­n, dass von jedem Steuerzahl­er 1 % von seinem zu versteuern­den Einkommen als Armutsabga­be eingezogen wird. Unsere Flüchtling­spolitik sollte vor allem darin bestehen, immer wieder solche Vorschläge offensiv zu unterbreit­en.

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