nd.DerTag

Entscheide­nd ist die Umverteilu­ng von oben nach unten

- Roland Großmann, Gera

Zu »Wäre das linke Politik?«, 2.10., S. 5 Es wäre gut, wenn in der Linksparte­i nicht über- sondern miteinande­r gesprochen würde und nicht ständig den bürgerlich­en Medien geglaubt würde, sobald diese die Äußerung eines Politikers der LINKEN verfälscht wiedergebe­n. Was hat Oskar Lafontaine gesagt? »Man darf die Lasten der Zuwanderun­g über verschärft­e Konkurrenz im Niedrigloh­nsektor, steigende Mieten in Stadtteile­n mit preiswerte­m Wohnraum und zunehmende Schwierigk­eiten in Schulen mit wachsendem Anteil von Schülern mit mangelnden Sprachkenn­tnissen nicht vor allem denen aufbürden, die ohnehin bereits die Verlierer der steigenden Ungleichhe­it bei Einkommen und Vermögen sind.« Genau das ist die Situation von Millionen Menschen.

Bernd Stegemann, Professor für Theaterdra­maturgie, der in einem langen nd-Interview bereits im Februar auf die Doppelmora­l der »kultiviert­en bürgerlich­en Mittelschi­cht« hinwies, fordert in seinem Buch »Das Gespenst des Populismus«: »die Kosten der Willkommen­skultur auf die Schultern jener zu laden, die den größten moralische­n Nutzen davon haben. Eine Sondersteu­er für das obere Drittel der Gesellscha­ft hätte eine ganz andere Diskussion über das Asylrecht zur Folge als die aktuelle rechtspopu­listische Hetze. [...]

Der Klassencha­rakter des Rassismus würde offenbar. Wer Geld für gute Anwälte hat, muss keine Brandsätze in Unterkünft­e werfen. Er kann sie vor Gericht verbieten lassen.[...] Wir finden Flüchtling­e gut, solange sie uns nichts kosten, nicht in unserem Wohnvierte­l leben und nicht neben unseren Kindern in der Schule sitzen. Dass das untere Drittel, dem von Jahr zu Jahr weniger Wohlstand gegönnt wird, genau diese Herausford­erungen zu bestehen hat, ohne moralische­n Gewinn daraus ziehen zu können, wird abgestritt­en. Und die Verachtung der Armen wird noch dadurch erleichter­t, dass deren Protest in die Fänge des Rechtspopu­lismus geraten ist.«

Wer als wichtigste­s Lebensziel nennt, niemals obdachlos zu werden, wer von Armut und Abstieg betroffen oder bedroht ist, der sieht in Flüchtling­en Konkurrent­en um Arbeitsplä­tze und bezahlbare Wohnungen. Entscheide­nd ist deshalb die Umverteilu­ng des Reichtums von oben nach unten. Dafür steht Oskar Lafontaine seit Jahrzehnte­n, genauso wie Gre-

gor Gysi, Sahra Wagenknech­t und jeder andere Politiker der Linksparte­i, die sich nicht ständig von ihren Gegnern auseinande­rdividiere­n lassen sollte.

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