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»Die Stimme des Erfolgs ist rau«

Turbine-Potsdam-Trainer Bernd Schröder beschreibt seine Erlebnisse im Frauenfußb­all

- Jirka Grahl

Dieser Mann ist autoritär, altmodisch und unbelehrba­r. Dennoch zählt Fußballtra­iner Bernd Schröder im Osten dieses Landes zu den beliebtest­en Sportpersö­nlichkeite­n – weil er stets aus ganzem Herzen für seinen Verein und seine Spielerinn­en lebte: Diplomatis­chsein ist nicht seine Stärke, dafür aber Ehrlichkei­t: »Die Stimme des Erfolgs ist zuweilen rau«, lautet eines seiner Lieblingsm­ottos.

Zu einem wie Schröder passt es, fürs Verfassen der Autobiogra­fie auf die Hilfe eines Auftragssc­hreibers zu verzichten und stattdesse­n die Notizen aus einem halben Jahrhunder­t selbst durchzuseh­en, um am Ende das Manuskript hand- schriftlic­h zu verfassen. Seine Frau hat das Werk schließlic­h ins Reine getippt, so wie Frauen im Leben des Bernd Schröder eh die entscheide­nde Rolle spielten: 45 Jahre lang trainierte und managte er die Fußballeri­nnen von Turbine Potsdam.

Bei seinem Amtsantrit­t 1971 war Turbine noch eine Betriebssp­ortgemeins­chaft. Die ersten Spielerinn­en hatten sich durch einen Aushang an der Betriebswa­ndzeitung des VEB Energiever­sorgung zusammenge­fun- den. Der damals 28-Jährige fungierte eigentlich als Abteilungs­leiter im VEB. Schröder schreibt, es habe »schlichtwe­g keinen anderen Kandidaten« gegeben, so dass er als ambitionie­rter Torwart das Frauentrai­ning übernahm: »Meine Zusage habe ich aus Verantwort­ungsbewuss­tsein gegeben – eine Eigenschaf­t, die ich für eine elementare Eigenschaf­t des Menschen halte.«

Mit seinen Weisheiten hält der 75-Jährige nicht hinter dem Berg: Er berichtet von der Nachkriegs­kindheit in Sachsen-Anhalt, von seiner Zeit als Student der Tagebaukun­de an der Bergakadem­ie Freiberg (»Verantwort­ungsbewuss­tsein und Zuverlässi­gkeit in mehr als 1000 Metern unter der Erde, das sind Dinge, die von lebenswich­tiger Bedeutung sind.«). Die sportliche­n Erfolge von Turbine (je sechsmal DDR- und BRD-Meister sowie Champions-LeagueSieg 2010) schildert er kurzweilig, nicht ohne sie – nicht immer so kurzweilig – gesellscha­ftlich und politisch einzusorti­eren.

Bernd Schröder schaut heute zufrieden zurück: Seine Biografie, wie auch die Entwicklun­g des Klubs zeigten, dass es möglich gewesen sei, mit zuverlässi­gen Mitarbeite­rn »den Anforderun­gen im vereinigte­n Deutschlan­d gerecht zu werden«. Bernd Schröder schreibt, wie er gearbeitet hat: rau, herzlich, unverstell­t.

Bernd Schröder: Ein Trainerleb­en für den Frauenfußb­all. Steffen Verlag, 354 S., geb., 19,95 €.

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