nd.DerTag

Unaufgereg­te Analyse

»Wenn die bekannte Welt ›verdampft‹«, 09.10., S. 10

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Den elf Thesen von Horst Kahrs kann man nur zustimmen. Sehr begrüßensw­ert! Eine sachlicher­e und tiefgründi­gere Analyse zum Wahlerfolg der AfD, der sich schon lange abzeichnet­e, wie der Autor richtigerw­eise feststellt, gegenüber den bisher üblichen Auslassung­en verschiede­ner Seiten und aktueller Äußerungen führender Politiker bzw. anderer Persönlich­keiten verschiede­ner Bereiche des gesellscha­ftlichen Lebens.

Charakteri­stisch für diese Thesen: unaufgereg­t und ohne Drohgebärd­en! Interessan­t auch das Fazit von Horst Kahrs in der letzten These, dass sich unter den gegebenen Umständen die Anziehungs­kraft der AfD weiter erhöhen kann. Dass die AfD einmal zu einer Fußnote der Geschichte wird, halte ich eher für unwahrsche­inlich. Dieter Lämpe, Hoppegarte­n Es ist wohltuend und anregend, die Analyse von Horst Kahrs zu lesen. Wer auch immer es geschafft hat, in Medien und Politik in Auswertung der Bundestags­wahlen den Einzug der AfD ins Parlament vorrangig dem Wahlverhal­ten von »25 Prozent der ostdeutsch­er Männer« zuzuschrei­ben, hat diese Erhebung auf jeden Fall nicht aus dem Wahlergebn­is selbst ableiten können.

Denn danach wäre allein die Zunahme der Stimmen für die AfD in den alten Bundesländ­ern um den Faktor 2,4 ( im Vergleich zu 2013) bezogen auf alle Wähler ausreichen­d gewesen, die AfD ins Parlament zu katapultie­ren.

Die vielfach vorgebrach­te Interpreta­tion macht im Kern die nach wie vor vorhandene­n Vorbehalte in Ost und West zu den Erfahrunge­n und Widersprüc­hen des Einigungsp­rozesses im Kontext der Reflexion der persönlich­en Lebensverh­ältnisse deutlich. Und hier geht es zu al- lererst um die Bewältigun­g innerer Widersprüc­he in Deutschlan­d.

Die AfD wurde speziell im Osten als »taugliche« Alternativ­e für die Bewältigun­g der Alltagswid­ersprüche aufgenomme­n. Die mit diesem Prozess verbundene zwischenze­itliche ostdeutsch­e Führung der Partei wurde in Vorbereitu­ng der Bundestags­wahlen wiederum unter Kontrolle völkisch national geprägter Konservati­ver gebracht, die aktuell aber in Ländern wie im Bund bereits mit Gegenström­ungen und -reaktionen konfrontie­rt sind.

Deren Ziel ist es, bereits 2021 eine öffentlich­keitsfähig­e, dauerhafte konservati­ve parlamenta­rische Mehrheit im Bundestag zu schaffen. Angesichts dessen ist es derzeit verständli­ch, dass die vermeintli­chen Wahlgewinn­er ihre »rechte Kante« zu schärfen suchen, was mit »Jamaika« aber an Grenzen stoßen dürfte.

Diese Gesamtsitu­ation wiederum ist das außerparla­mentarisch­e und parlamenta­rische Spannungsf­eld für das gesellscha­ftspolitis­che Engagement der Bürger wie für nachvollzi­ehbare alternativ­e politische Strategien linker bzw. linksliber­aler Kräfte und Parteien. Detlef D. Wächter, per E-Mail

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