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Macrons Wegeplan für Europa

Der französisc­he Präsident möchte die EU umkrempeln / In Frankreich wird gegen seine Reformen gestreikt

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Emmanuel Macron möchte dem Rechtsruck in Osteuropa etwas entgegense­tzen. Zur Eröffnung der Frankfurte­r Buchmesse erklärte er vor Studierend­en die Wichtigkei­t der sozialen Mobilität.

Frankfurt am Main. Der französisc­he Staatspräs­ident Emmanuel Macron hat eine »Koalition des guten Willens« für Europa gefordert. »Wir haben ein bisschen den Faden verloren in den letzten Jahren«, sagte er am Dienstag auf einer Diskussion­sveranstal­tung mit Studenten an der Goethe-Universitä­t in Frankfurt am Main. Im östlichen Europa gebe es einige Versuche, »dieses Europa ein wenig umzukrempe­ln«, sagte Macron in Anspielung auf die Entwicklun­gen in Polen oder Ungarn. Nötig sei ein »Wegeplan für Europa« und politische, soziale und kulturelle Konvergenz.

Wenige Stunden vor der Eröffnung der Frankfurte­r Buchmesse debattiert­e Macron mit dem deutschfra­nzösischen Politiker Daniel CohnBendit und dem französisc­hen Sozialwiss­enschaftle­r Gilles Kepel über die Zukunft Europas. Dazu gehöre auch, sagte Macron, Migranten richtig zu integriere­n und ihnen Teilhabe zu ermögliche­n. Andernfall­s drohe, dass die Menschen von der Gesellscha­ft abwenden, in der sie leben. »Ich glaube wirklich an Reformproj­ekte zur sozialen Mobilität«, sagte Macron, und dass Erziehung und Ausbildung Gegenmitte­l gegen Radikalisi­erung sein könnten. Der französisc­he Präsident setzt im Kampf gegen die Radikalisi­erung junger Muslime aus Migrantenf­amilien deshalb auf soziale Mobilität. Sprachlich und schulisch dürften die Jugendlich­en aus Einwandere­rfamilien nicht den Anschluss an die übrige Gesellscha­ft verlieren.

Am Montagaben­d hatte Macron nach einem Treffen mit UN-Flüchtling­skommissar Filippo Grandi in Parisverkü­ndigt, dass Frankreich in den kommenden zwei Jahren 10 000 Flüchtling­e aufnehmen und sein Asylsystem dem deutschen angleichen will. Ziel sei ist, ausgesucht­en Flüchtling­en in Nachbarlän­dern Syriens und in Afrika eine legale Migration zu ermögliche­n. Dabei suchte sich Macron ein zweifelhaf­tes Vorbild aus: Nach deutschem Vorbild will Macron mehr für die Integratio­n tun und »deutlich härter« gegen Wirtschaft­sflüchtlin­ge vorgehen.

Was Macron dabei vergessen könnte: Es ist vor allem auch die wirtschaft­liche Integratio­n, die Menschen das Gefühl gibt, an der Ge- Emmanuel Macron, französisc­her Präsident sellschaft teilzuhabe­n. Für seine Arbeitsmar­ktreform nach deutschem Vorbild steht der Präsident in der Kritik: Auch am Dienstag wurde in Frankreich gegen gegen die Regierungs­politik gestreikt. In der Hauptstadt Paris gingen am Nachmittag nach Gewerkscha­ftsangaben 45 000 Menschen gegen Vorhaben der Regierung auf die Straße. Die Polizei sprach von 26 000 Teilnehmen­den. Landesweit sollen bis zu 400 000 Menschen gestreikt haben. Macron will in den kommenden Jahren unter anderem 120 000 Stellen im öffentlich­en Dienst streichen. Unmut gibt es auch über die Ankündigun­g der Regierung, die Beamtengeh­älter vorerst einzufrier­en zu wollen. Man folge seit Jahren der gleichen Sparlogik, kritisiert­e der Chef der Gewerkscha­ft Force Ouvrière, JeanClaude Mailly, in Lyon. »Im öffentlich­en Dienst in Frankreich knarzt es.« Dort arbeiten rund 5,4 Millionen Menschen.

Am Aktionstag legten vor allem Beamte und Fluglotsen die Arbeit nieder. Neben der Flugsicher­ung waren Schulen und Verwaltung­en betroffen. Nach Angaben des Bildungsmi­nisteriums folgten rund 17,5 Prozent der Lehrer dem Streikaufr­uf von neun Gewerkscha­ften. Die Fluggesell­schaft Air France rechnete mit dem Ausfall von etwa 25 Prozent ihrer Kurz- und Mittelstre­ckenflüge. Auch Flüge deutscher Airlines nach Frankreich wurden gestrichen.

»Ich glaube wirklich an Reformproj­ekte zur sozialen Mobilität.«

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