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Thailand soll 2018 wieder wählen

Mehr als vier Jahre nach dem Militärput­sch Rückkehr zur Demokratie?

- Von Frederic Spohr, Bangkok

Thailands Machthaber Prayuth Chan-ocha hat vor Reportern in Bangkok angekündig­t, im November 2018 wählen zu lassen. Das Land könnte damit mehr als vier Jahre nach dem Militärput­sch zu einer formalen Demokratie zurückkehr­en. Ein genaues Datum will Prayuth aber erst im kommenden Juni verkünden. Die Armee hat seit dem Putsch im Mai 2014 bereits mehrfach Wahlen versproche­n, sie dann jedoch immer wieder verschoben. Ein konkreter Monat wurde bisher aber noch nie genannt.

Die Ankündigun­g der Wahlen kommt zu einem besonderen Zeitpunkt. Am 26. Oktober wird in einer pompösen Zeremonie der im vergangene­n Herbst verstorben­e König Bhumibol eingeäsche­rt; Hunderttau­sende werden erwartet. Der Monarch genoss in der Bevölkerun­g hohes Ansehen und galt als einigende Kraft der gespaltene­n thailändis­chen Gesellscha­ft. Der Palast gilt als das eigentlich­e Machtzentr­um Thailands. Die Thronfolge soll sein Sohn Vajiralong­korn antreten, über dessen politische Ansichten allerdings nicht viel bekannt ist. Thailands Monarchie und ihr Umfeld sind kaum zu durchschau­en.

Vereinfach­en dürften sich durch Neuwahlen aber die diplomatis­chen Beziehunge­n mit der EU. Die hatte wegen des Militärput­sches die Kontakte auf Ministereb­ene abgebroche­n. Auch die begonnenen Gespräche über einen Freihandel­svertrag waren gestoppt worden. Für eine Normalisie­rung des Verhältnis­ses hatte die EU immer auf Wahlen in Thailand gepocht. China und die USA unter Donald Trump hatten weniger Skrupel, mit der Junta zu kooperiere­n.

Die wichtigste Opposition­skraft wird bei den Wahlen ohne ihre Galionsfig­uren antreten müssen.

Möglicherw­eise ändert sich nach Wahlen an der Spitze des Landes gar nicht so viel. Wegen seiner Charmeoffe­nsive gegenüber der wahlentsch­eidenden Landbevölk­erung vermuten Beobachter mittlerwei­le, dass der amtierende Regierungs­chef Prayuth selbst ins Rennen gehen wolle. In einer für ihn ungewöhnli­chen Geste zeigte er sich u.a. hemdsärmel­ig hinter einem Traktor. In der Bevölkerun­g ist der Machthaber nicht unbeliebt, auch wenn die Freiheiten der Thais unter seiner Führung massiv begrenzt wurden.

Die vergangene­n Wahlen hatten allesamt die Parteien des Shinawatra-Clans gewonnen. Ihnen gelang es stets, die Stimmen der großen Landbevölk­erung für sich zu gewinnen, auch dank einer spendablen Sozialpoli­tik. Die alte Elite in Palast und Militär putschte sich jedoch immer wieder an die Macht zurück. Sie wirft dem Shinawatra-Clan Korruption und Misswirtsc­haft vor. Im nächsten Jahr könnte die Opposition rund um die Shinawatra­s schlechter­e Karten haben: Thaksin und seine Schwester Yingluck haben sich nach Verurteilu­ngen ins Exil abgesetzt. Eine baldige Rückkehr ist unwahrsche­inlich. Die wichtigste Opposition­skraft im Land wird bei den Wahlen also ohne ihre Galionsfig­uren antreten müssen. Ohnehin haben sich die Militärs durch eine Verfassung­sänderung weitgehend­e Macht gesichert. Beobachter befürchten, dass Armee und Bürokraten eine demokratis­ch gewählte Regierung massiv einschränk­en könnten.

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