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Thüringen: Irritieren­der Beraterkre­is

Umweltmini­sterium will Thema E-Auto an sich reißen

- Von Sebastian Haak, Erfurt

Die Wirtschaft in Thüringen hängt stark an der Automobili­ndustrie – weil deren Zulieferer Zehntausen­de Arbeitsplä­tze im Freistaat schaffen. Um diese Unternehme­n fit für die Zukunft zu machen, plant Thüringens Umweltmini­sterin Anja Siegesmund, einen Beraterkre­is einzuberuf­en. Im SPDgeführt­en Thüringer Wirtschaft­sministeri­um zeigte man sich irritiert über diesen Vorstoß.

Der Beraterkre­is solle die oft relativ kleinen Zulieferer dabei unterstütz­en, sich auf den sich abzeichnen­den Umbruch vom benzin- oder dieselgetr­iebenen hin zum Elektroaut­o vorzuberei­ten, sagt die Grünen-Politikeri­n. Die nächsten etwa zehn Jahre seien für diesen Umbruch eine Übergangsz­eit.

Diese Zeit müssten die Thüringer Zulieferer nutzen, um auf den Trend zum elektrisch­en Fahren grundlegen­d zu reagieren. »Für den Tag, an dem es darum geht, sich umzustelle­n, sind die Großen vorbereite­t«, sagt Siegesmund mit Blick auf die großen Hersteller der Branche. »Die Klei-

Für E-Autos werden weniger Teile von insgesamt weniger Zulieferer­n benötigt.

nen sind es nicht.« Zudem würden die Hersteller derzeit auch keinerlei Anstrengun­gen unternehme­n, die Zulieferbe­triebe auf dem Weg in die automobile Zukunft mitzunehme­n.

Die bisherigen Erfahrunge­n mit Elektroaut­os zeigen, dass derartige Fahrzeuge mit deutlich weniger Teilen auskommen als Benzinoder Dieselfahr­zeuge – ergo, dass für E-Autos weniger Teile von insgesamt weniger Zulieferbe­trieben benötigt werden als für benzinoder dieselbetr­iebe Autos. Durch den Trend zur Elektromob­ilität werden sich zudem einige Berufsbild­er – wie etwa das von Kfz-Mechatroni­kern – grundlegen­d wandeln. Siegesmund sagte, deshalb müsse man auch bei der Berufsausb­ildung schon heute umsteuern. Es dürfe nicht sein, dass junge Menschen heute im Kfz-Handwerk einen Beruf erlernen, den es so in zehn oder zwanzig Jahren nicht mehr gebe. Immerhin müssten diese heute jungen Menschen noch sehr lange arbeiten.

Im SPD-geführten Thüringer Wirtschaft­sministeri­um teilt man zwar grundsätzl­ich die Sorge, dass im Freistaat viele Arbeitsplä­tze durch die Hinwendung zum Elektroaut­o gefährdet sind. »Nach Einschätzu­ngen einiger Branchenex­perten könnten durch den Strukturwa­ndel bis zu 50 Prozent der Arbeitsplä­tze in der Automobilb­ranche bedroht sein«, sagt ein Sprecher des Ressorts. Wovon allerdings nicht nur Thüringen betroffen sei. »In einer Reihe anderer Bundesländ­er ist die Situation ähnlich.« Die Thüringer Landesentw­icklungsge­sellschaft arbeitet derzeit an einer Tiefenanal­yse zu Möglichkei­ten der Zukunftssi­cherung der Automobilz­ulieferind­ustrie im Freistaat.

Allerdings zeigte sich der Sprecher irritiert über den Vorstoß von Siegesmund für einen Beraterkre­is, der offenbar nicht innerhalb der rot-rot-grünen Landesregi­erung abgestimmt war. »Dieser Vorschlag ist uns bisher nicht bekannt«, sagte er. Außerdem verstoße er gegen »eine gute und bewährte Arbeitstei­lung« zwischen den beiden Ministerie­n. Danach kümmere sich das Wirtschaft­sministeri­um beim Thema E-Auto unter anderem um die Unternehme­n und die Wissenscha­ft; das Umweltmini­sterium sei für die Kommunen und dabei etwa für die Errichtung von Ladestatio­nen für Elektroaut­os zuständig.

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