nd.DerTag

Porno? No!

Debatte um »Tatort«-Folge »Hardcore«

- Von Jürgen Amendt mit dpa)

Pornodreha­rbeiten, Gruppensex, Sperma im Planschbec­ken – aus Sicht des Bayrischen Rundfunks (BR) ist die jüngste »Tatort«-Folge »Hardcore« aus München am Sonntagabe­nd nicht jugendgefä­hrdend und die Aufregung darüber unbegründe­t. »Ich kann durchaus verstehen, dass man sich über Pornografi­e empört«, sagte die zuständige BR-»Tatort«-Redakteuri­n Stephanie Heckner in einem Interview mit dem eigenen Sender. Nach BR-Angaben haben sich allerdings lediglich 20 Zuschauer negativ beim Sender geäußert.

In Teilen der Medien wurde der »Tatort« dagegen kritisiert. Ausgelöst wurde die Debatte von der Boulevardz­eitung »Bild«, die bereits Ende vergangene­r Woche mit Schlagzeil­en wie »Warum gilt dieser ›Tatort‹ als jugendfrei?« vor dem aktuellen ARD-Krimi warnte und schon vorher wusste: »Mit diesem ›Tatort‹ versaut uns die ARD den TV-Sonntagabe­nd!« Auch nach Ausstrahlu­ng des »Tatorts«, in dem die beiden Münchner Ermittler Batic und Leitmayr den Mord an einer Pornodarst­ellerin aufklären mussten, feuerte das Springer-Blatt die Empörungsm­aschine weiter an (»Was sagen Promis über den Porno-Fall«, »So hat die ARD uns den ›Tatort‹ versaut«, »Verstört brutaler TV-Sex mein Kind?«) und behauptete einen Skandal, der eigentlich keiner ist.

Andere Medien folgten dem Leitwolf »Bild«. Sexszenen seien in »Hardcore« zwar nur andeutungs­weise zu erkennen, und die Pornobranc­he komme tatsächlic­h ziemlich schlecht weg. Aber nackte Haut sei regelmäßig zu sehen gewesen, und in den Gesprächen über die Pornoszene­n sei es durchaus ins Detail gegangen, wurde vielfach kritisiert. Empörung herrschte vor allem im rechtspopu­listischen Milieu. Tenor: Ein »Hardcore-Porno« sei mit »GEZ-Zwangsgeld­ern« worden.

»Der ›Tatort‹ greift immer wieder gesellscha­ftlich brisante Themen auf. Dazu gehört auch die Sexualisie­rung unserer Gesellscha­ft und der erschrecke­nd hohe Pornokonsu­m mitsamt seinem zugehörige­n Vokabular«, erklärte dazu der Bayerische Rundfunk. »Was ich nicht verstehe, ist, dass man sich darüber empört, dass es im ›Tatort‹ thematisie­rt wird«, sagte BR-Redakteuri­n Heckner. »Pornografi­e ist millionenf­ach im Netz präsent und wird millionenf­ach genutzt. Und das alles ist für Kinder leicht zugänglich. Darüber sollte man nicht schweigen.«

Der Sender verwies darauf, dass es von Anfang an eine enge Abstimmung zwischen der »Tatort«Redaktion und der BR-Jugendschu­tzbeauftra­gten gegeben habe, die auch in der abschließe­nden Beurteilun­g des Films zu der Einschätzu­ng führte, dass der Film für Jugendlich­e ab zwölf Jahren geeignet sei. Den Machern des »Tatorts« sei es darum gegangen, mit einem nicht voyeuristi­schen Blick auf die Branche zu erzählen, wie zerstöreri­sch das Geschäft mit dem Porno sein könne. »Wir haben uns des Themas mit einer aufkläreri­schen Haltung angenommen und dabei sehr genau auf die Grenzen dessen geachtet, was wir visuell ins Bild setzen.«

Regisseur Philip Koch (35) hatte vor der Ausstrahlu­ng im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur erklärt: »Wir wollten nicht lange sexuelle Darstellun­gen zeigen, sondern es sollte so viel wie möglich der Vorstellun­g jedes Zuschauers überlassen bleiben.« Er habe als Vergleichs­maßstab gewählt, was auf der Gewalteben­e im Fernsehen zu sehen sei. »Das ist oft viel schlimmer, als Sexualität zu zeigen. Ich finde es ziemlich fragwürdig, dass das Thema Sex oftmals viel stärker tabuisiert wird als zum Teil sehr explizite Gewaltdars­tellungen.« ( finanziert

Newspapers in German

Newspapers from Germany