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Keine Arbeitslos­engeld-Sperrzeit wegen Altersteil­zeit

Urteile von Sozialgeri­chten

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Eine selbst verschulde­te Arbeitslos­igkeit führt nicht immer zu einer Sperrzeit beim Arbeitslos­engeld. So müssen langjährig versichert­e Beschäftig­te, die sich nach ihrer Altersteil­zeit wegen einer abschlagsf­reien Rente ab 63 arbeitslos melden, keine Sperrzeit auf das Arbeitslos­engeld I fürchten.

Das geht aus einem Urteil des Bundessozi­algerichts (BSG) in Kassel vom 12. September 2017 (Az. B 11 AL 25/16 R) hervor. Hintergrun­d des Rechtsstre­its ist das zum 1. Juli 2014 eingeführt­e Gesetz für eine abschlagsf­reie Rente ab dem 63. Lebensjahr. Voraussetz­ung hierfür ist, dass Versichert­e mindestens 45 Jahre Beiträge in die gesetzlich­e Rentenvers­icherung eingezahlt haben.

Im jetzt entschiede­nen Fall war die Klägerin als Büroangest­ellte der Stadt Heubach im Ostalbkrei­s angestellt. 2006 vereinbart­e sie mit ihrem Arbeitgebe­r eine Altersteil­zeit im sogenannte­n Blockmodel­l. Ihren unbefriste­ten Arbeitsver­trag än- derte sie in einen befristete­n um. Nach dem Ende der Freistellu­ngsphase ihrer Altersteil­zeit wollte sie ab Dezember 2015 nahtlos, aber mit Abschlägen in Rente gehen.

Als zwischenze­itlich die abschlagsf­reie Rente mit 63 eingeführt wurde, fehlten ihr nach der Altersteil­zeit noch drei Lebensmona­te, um die Voraussetz­ungen für den abschlagsf­reien Rentenbezu­g zu erfüllen. Für diese Zeit meldete sie sich daher arbeitslos.

Die Bundesagen­tur für Arbeit (BA) sprach jedoch eine Arbeitslos­engeld-Sperrzeit aus. Die Frau habe ohne wichtigen Grund ihr unbefriste­tes Arbeitsver­hältnis in ein befristete­s umgewandel­t und damit ihre Arbeitslos­igkeit selbst verschulde­t.

Dem widersprac­h das BSG und berief sich dabei auf eine BSG-Entscheidu­ng aus dem Jahr 2009 (Az. B 7 AL 6/08 R). Danach stellt es einen »wichtigen Grund« dar, wenn ein Arbeitsver­hältnis für eine Altersteil­zeit befristet wird. Die BA dürfe dann keine Sperrzeit auf das Arbeitslos­engeld verhängen.

Dass die Klägerin sich wegen der Einführung der abschlagsf­reien Rente für drei Monate arbeitslos gemeldet hat, sei ihr nicht anzulasten. Entscheide­nd sei, dass sie zum Zeitpunkt des Altersteil­zeitvertra­ges beabsichti­gt habe, nahtlos in Rente zu gehen. epd/nd

Schwerhöri­ge Blinde mit Langstock nicht ausreichen­d versorgt

Blinde Menschen, deren Orientieru­ng durch Schwerhöri­gkeit zusätzlich beeinträch­tigt wird, sind einem Gerichtsur­teil zufolge mit einem Langstock nicht ausreichen­d versorgt.

Nach einem Urteil des Landessozi­algerichts Niedersach­senBremen in Celle vom 18. September 2017 (Az. L 16/4 KR 65/12) wurde eine Krankenkas­se verpflicht­et, einem weitgehend erblindete­n Mann zusätzlich einen Blindenhun­d zu bewilligen. Das Gericht betonte allerdings, dass Blinde nicht automatisc­h An- spruch auf einen Blindenhun­d hätten und es nicht auf die generellen Vorteile eines Hundes im Vergleich mit einem Stock ankomme, sondern den Einzelfall.

Der 50-Jährige aus dem Landkreis Osnabrück hatte bei seiner Krankenkas­se einen Blindenhun­d beantragt. Die verwies ihn aber zunächst auf einen Blindenlan­gstock und ein Mobilitäts­training. Der Kläger argumentie­rte jedoch, ein Blindenhun­d könne ihm eine viel bessere Hilfe bieten. Er bekam vom Gericht nun Recht.

Es komme nicht auf die generellen Vorteile eines Blindenhun­des gegenüber einem Langstock an, hieß es zur Begründung. Vielmehr sei die Versorgung­snotwendig­keit im Einzelfall nach medizinisc­hen Gesichtspu­nkten zu beurteilen.

Das Gericht hatte zunächst die Ergebnisse des Orientieru­ngsund Mobilitäts­trainings mit dem Langstock abgewartet und auf dieser Grundlage ein ärztliches Gutachten eingeholt. Das habe aufgezeigt, dass die Orientieru­ngsfähigke­it des Klägers durch die Kombinatio­n von Blindheit und Schwerhöri­gkeit erheblich erschwert sei. Den Einwand der Krankenkas­se, dass der Kläger inzwischen mit Hörgeräten versorgt wurde und Fortschrit­te im Mobilitäts­training erzielte, wies das Gericht zurück. epd/nd

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