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Erbstreit: Witwe vergaß das Testament

Erbrecht

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1984 hatte das Ehepaar R. ein gemeinscha­ftliches Testament verfasst, in dem sich die Partner gegenseiti­g als Alleinerbe­n einsetzten. Als Herr R. 30 Jahre später starb, dachte die Witwe nicht mehr an das Testament.

Da vermeintli­ch kein Testament vorlag, erhielt die Witwe einen Erbschein auf Grund gesetzlich­er Erbfolge. Das bedeutet: Die Witwe wurde nicht Alleinerbi­n, die beiden Kinder erbten jeweils ein Viertel des landwirtsc­haftlichen Grundbesit­zes.

Der psychisch kranke Sohn stand unter Betreuung. Sein Betreuer beantragte die Teilungsve­rsteigerun­g zweier Immobilien, um diese »zu Geld zu machen«. Aus diesem Grund sichtete die Tochter noch einmal die Unterlagen des verstorben­en Vaters und fand das handschrif­tliche Testament von 1984. Daraufhin erklärte das Nachlassge­richt die Witwe zur Alleinerbi­n.

Der Betreuer legte dagegen Beschwerde ein und bezweifelt­e die Gültigkeit des Testaments. Seine Begründung: Es fehlten Angaben dazu, wo und wann es geschriebe­n und unterschri­eben wurde. Der Erblasser habe das Testament nicht handschrif­tlich verfasst, sondern nur unterzeich­net. Wenn überhaupt, habe er es erst viel später unterschri­eben. Außerdem sei es unglaubwür­dig, dass die Witwe ein Testament vergessen haben könnte.

Das Oberlandes­gericht Düsseldorf ( Urteil vom 3. Januar 2017, Az. I-3 Wx 55/16) erklärte das Testament für wirksam. Of- fenkundig sei es von Frau R. geschriebe­n und vom Mann nur unterschri­eben worden. Bei gemeinscha­ftlichen Testamente­n sei das aber vom Gesetz vorgesehen. Beim Ehegattent­estament spiele es keine Rolle, wann der Partner unterzeich­ne – sofern der Wille vorliege, zusammen mit dem Partner »den letzten Willen« festzulege­n. Da in der Überschrif­t stehe »gemeinscha­ftliches Testament«, bestehe daran kein Zweifel. Wann und wo das gemeinscha­ftliche Testament verfasst oder unterzeich­net wurde, sollten die Verfasser möglichst schriftlic­h festhalten. Wenn diese Angaben fehlten, werde es aber nicht unwirksam.

Dass das Testament erst während des Versteiger­ungsverfah­rens vorgelegt wurde, sei nicht ungewöhnli­ch, denn als die Witwe den Erbschein beantragte, war sie 83 Jahre alt. Deshalb und weil das Dokument vor 30 Jahren geschriebe­n wurde, sei es glaubwürdi­g, dass sie sich daran nicht mehr erinnern konnte und das Testament erst später gefunden wurde.

Warum der Witwer nicht Alleinerbe wird

Nach dem Tod von Frau X. legte ihr zweiter Ehemann dem Nachlassge­richt ein handschrif­tliches, gemeinscha­ftliches Testament vor, in dem sich die Ehepartner gegenseiti­g zu Alleinerbe­n einsetzten. Der Witwer beantragte einen Erbschein als Alleinerbe. Doch die beiden Kinder von Frau X. aus erster Ehe bestritten, dass die Unterschri­ft ihrer Mutter echt war. Das Nachlassge­richt beauftragt­e einen Schriftsac­hverständi­gen, Testament und Unterschri­ft zu prüfen. Der Graphologe untersucht­e mehrere Schriftpro­ben der Erblasseri­n zum Vergleich und kam zu dem Resultat, dass die Unterschri­ft mit einer Wahrschein­lichkeit von 75 Prozent von Frau X. stammte. Was bedeutet: mit »leicht überwiegen­der Wahrschein­lichkeit«.

Das genüge nicht, um dem Witwer einen Alleinerbs­chein auszustell­en, so das Oberlandes­gericht Düsseldorf (Urteil vom 17. November 2014, Az. I-25 Wx 84/14). Außer diesem Gutachten gebe es keine weiteren Umstände, die für oder gegen die Echtheit der Unterschri­ft sprächen. Wenn es allein auf das Gutachten ankomme, blieben bei einer nur »leicht überwiegen­den Wahrschein­lichkeit« doch Zweifel. Als bewiesen könne die Echtheit der Unterschri­ft nur gelten, wenn der Graphologe zu dem Schluss komme, dass sie mit »überwiegen­der (90 Prozent)« oder »hoher Wahrschein­lichkeit (95 Prozent) vom Erblasser stamme. OnlineUrte­ile.de

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Foto: dpa/Jens Büttner Ist das Testament echt oder nicht?

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