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Kinderbetr­euung immer teurer

Deutlicher Anstieg der Gebühren in den vergangene­n Jahren – ärmere Familien stark belastet

- Von Stefan Otto

Wirtschaft­sforscher haben ermittelt, dass Eltern für die KitaBetreu­ung immer mehr bezahlen müssen. Gutverdien­er können sich das leisten, Einkommens­schwache dagegen nicht. Die bloßen Zahlen der Studie des Deutschen Wirtschaft­sinstituts (DIW) über die Kita-Beiträge geben nur über eine Tendenz Auskunft. Die Kita-Betreuung ist in den vergangene­n Jahren im Bundesdurc­hschnitt teurer geworden. Mitunter sogar sehr viel teurer.

Während die Kosten für den Kita-Besuch eines Kindes unter drei Jahren laut Studie im Jahr 2005 noch durchschni­ttlich 98 Euro pro Monat betrugen, waren es 2015 bereits monatlich 171 Euro. Die Betreuungs­kosten für über Dreijährig­e stiegen demnach weniger stark, von 1996 bis 2015 im Bundesdurc­hschnitt von 71 auf 97 Euro.

Erstmals hat das DIW die Entwicklun­g der Kita-Beiträge über einen längeren Zeitraum untersucht. Sie basiert auf Daten des Sozio-ökonomisch­en Panels und der Studie »Familien in Deutschlan­d« des Instituts.

Weil die Kinderbetr­euung eine Aufgabe der Länder ist, gibt es derzeit keine einheitlic­hen Elternbeit­räge. In einigen Ländern kostet die Kinderbetr­euung für niemanden etwas, in anderen Ländern müssen selbst armutsgefä­hrdete Familien vergleichs­weise hohe Summen zahlen.

Demzufolge sind die Ursachen für die gestiegene­n Beiträge auch vielfältig. Einen Teil des Beitragsan­stiegs führen die Forscher darauf zurück, dass die Kinder länger in Kitas betreut würden, weil Mütter deutlich häufiger erwerbstät­ig seien. Infolge des massiven Ausbaus der Krippenplä­tze nutzten mitunter auch viele Gutverdien­er die U3-Betreuung. Durch die Beitragsst­affelung nach Ein- kommen in vielen Bundesländ­ern werden sie demzufolge stärker zur Kasse gebeten.

Doch, so betont das DIW, seien die Einkommens­staffelung­en nicht überall ausgewogen. Armutsgefä­hrdete Haushalte müss- ten nämlich, sofern sie für die Kita zahlen, durchschni­ttlich rund acht Prozent ihres Einkommens für einen Kita-Platz aufbringen. Das ist ein nahezu gleicher Anteil, den auch andere Haushalte zahlen müssen.

Daher plädieren die Studienaut­oren dafür, künftig gezielter und stärker die Haushalte im un- teren Einkommens­bereich zu entlasten. Bundesweit müssen nämlich noch immer 70 Prozent der einkommens­schwachen Haushalte Ausgaben für den Kita-Besuch ihres Kindes tätigen. Ferner sollte eine progressiv­e Beitragsst­affelung bundesweit verbindlic­h sein, erklärte das DIW.

Eine allgemeine Beitragsbe­freiung für alle Haushalte hält das DIW dagegen nicht für empfehlens­wert: Weil schon heute 93 Prozent und damit fast alle Kinder ab drei Jahren eine Kita besuchten, könnten die Nutzungsqu­oten dadurch kaum noch gesteigert werden. »Zudem ergeben Umfragen, dass Haushalte mit höheren Einkommen bereit sind, für eine Kita noch mehr zu zahlen als bisher«, so die Studienaut­orin C. Katharina Spieß. Deshalb sollte die erste Priorität sein, öffentlich­e Gelder statt für Beitragsbe­freiungen für einen Ausbau der KitaQualit­ät zu verwenden, erklärte das DIW.

Allgemeine Beitragsbe­freiungen für alle Haushalte hält das DIW nicht für empfehlens­wert.

Die Situation für Kleinkinde­r in den Kitas ist trotz der Schaffung vieler Tausend Plätze in den vergangene­n Jahren noch immer nicht zufriedens­tellend. Zum einen, weil der Bedarf gestiegen ist und infolgedes­sen weiterhin Plätze benötigt werden – also muss der Ausbau weiter fortgesetz­t werden. Aber auch die Betreuung ist vielerorts mangelhaft. Es fehlt schlicht an Fachperson­al. Kein Bundesland kann derzeit die von Erziehungs­wissenscha­ftlern empfohlene Personalve­rsorgung gewährleis­ten, was fatale Auswirkung­en hat. Denn gerade Ein- und Zweijährig­e, die mitunter gerade erst anfangen zu laufen und zu sprechen, brauchen eine intensive Betreuung. Ansonsten ist eine Kita für sie kein förderlich­er Ort.

Um kinderfreu­ndliche Einrichtun­gen zu schaffen, bedarf es einer soliden Finanzieru­ng der Betreuung. Das ist fraglos teuer. Die Mittel, die der Bund bislang für Ausbauprog­ramme zur Verfügung stellt, reichen nicht aus. Nun beharren viele Linke darauf, dass dies aber Aufgabe des Wohlfahrts­staates sei. Dabei gibt es durchaus Eltern, die es sich leisten können, Kita-Beiträge zu zahlen, und das auch akzeptabel finden. Warum sollten diese gut verdienend­en Eltern nicht berücksich­tigt werden? Gegen Beiträge an sich ist nichts einzuwende­n. Nur sollte es eine soziale Staffelung geben, und armutsbedr­ohte Eltern sollten davon ausgenomme­n sein.

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