nd.DerTag

Dijsselblo­em zieht sich zurück

Eurogruppe­nchef will auch Parlaments­mandat abgeben

- Spo

Berlin. Eurogruppe­nchef Jeroen Dijsselblo­em sagt »Tschüss« – endgültig und umfassend. Er wolle nach Antritt der neuen Regierung in Den Haag sein Mandat im niederländ­ischen Parlament aufgeben, teilte der Sozialdemo­krat und niederländ­ische Finanzmini­ster am Mittwoch mit. Sein Amt als informelle­r Chef der Währungsgr­uppe wolle er noch bis Januar erfüllen, sein Nachfolger solle aber bereits am 4. Dezember beim Treffen der Eurofinanz­minister bestimmt werden, ließ der 51-Jährige verlautbar­en.

Damit wird Dijsselblo­em das Amt fünf Jahre innegehabt haben. Mitten in der Eurokrise wählten ihn die 17 Finanzmini­ster der Euroländer als Nachfolger für den jetzigen EU-Kommission­schef Jean-Claude Juncker, den er schon mal als »starken Raucher und Trinker« bezeichnet hatte.

Dieser Mangel an diplomatis­chen Fingerspit­zengefühl zog sich durch Dijsselblo­ems Karriere als Eurogruppe­nchef. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit leistete er sich einen Fauxpas. Er bezeichnet­e damals in einem Interview die Rettung von Zyperns Banken als modellhaft, weil dabei auch Gläubiger und Bankkunden herangezog­en wurden. Dies stand im krassen Gegensatz zu Aussagen des heimlichen Chefs der Eurostaate­n, dem ebenfalls scheidende­n Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble, der Zypern immer als Sonderfall bezeichnet hatte. So stellte dann auch EZB-Vorstandsm­itglied Benoit Coeure schnell klar, dass der Niederländ­er »etwas Falsches« gesagt habe. Zyperns Probleme seien einzigarti­g.

Doch alles in allem standen Schäuble und Dijsselblo­em in Sachen Eurokrise auf einer Seite. Kurz vor dem griechisch­en Referendum im Sommer 2015 über weitere Sparmaßnah­men brachte Dijsselblo­em ein Ausscheide­n Griechenla­nds aus der Währungsun­ion ins Spiel. Bei einem »Oxi« (Nein) sei es »sehr fraglich, ob es überhaupt eine Basis für Griechenla­nd in der Eurozone gibt«, sagte er damals.

Auch nachdem die politische Krise rund um Griechenla­nd eingedämmt werden konnte, holte Dijsselblo­em verbal gegen die südeuropäi­schen Krisenländ­er aus. Man könne nicht sein ganzes Geld für »Schnaps und Frauen ausgeben« und anschließe­nd um Unterstütz­ung bitten, polterte er Anfang des Jahres in der »Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung«. Es folgten Rücktritts­forderunge­n. Diesen kommt Dijsselblo­em jetzt sozusagen mit ziemlicher Verspätung nach.

Newspapers in German

Newspapers from Germany