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Steigende Mieten sorgen Senioren

- Von Julia Kilian

Viele ältere Menschen wohnen in großen Wohnungen. Steigende Mieten schlagen so noch deutlicher durch. Ein Umzug lohnt dennoch selten. Oft werden zustehende Hilfen nicht beantragt. »Das größte Problem älterer Menschen auf dem Wohnungsma­rkt ist sicherlich die ständig steigende Mietbelast­ung«, sagte Ulrich Ropertz, Geschäftsf­ührer des Deutschen Mieterbund­es am Mittwoch im Abgeordnet­enhaus. Sozialsena­torin Elke Breitenbac­h, Bausenator­in Katrin Lompscher (beide LINKE) und Gesundheit­ssenatorin Dilek Kolat (SPD) hatten Mieterverb­ände sowie rund 200 Senioren zur Debatte eingeladen.

Ropertz sagte, Ältere mit geringem Einkommen seien besonders von Mietsteige­rungen betroffen. Viele wohnten zudem noch in einer relativ großen Wohnung, dann machten sich Erhöhungen pro Quadratmet­er besonders bemerkbar. Senioren suchten im Regelfall nicht mehr nach einer Wohnung, sondern wollten in ihrem Zuhause bleiben. Das sei ein Vorteil im Vergleich zu jungen Menschen, stellte Ropertz fest. Allerdings sei fraglich, ob sie dazu beispielsw­eise angesichts höherer Mieten nach einer Modernisie­rung noch in der Lage sind. Oft könnten die Renten mit den Steigerung­en nicht mithalten.

Dass der Mietenmark­t für alle Altersklas­sen schwierig ist, weiß auch Eveline Lämmer. Sie ist Vorsitzend­e des Landesseni­orenbeirat­s und kennt durchaus Ältere, die bereit seien, in kleinere Wohnungen zu ziehen, um Familien Platz zu machen. Kleinere Wohnungen seien bei Neuvermiet­ungen aber oft wesentlich teurer als größere Wohnungen zu alten Konditione­n. »Die Anregung erstickt im Keim.« Die im April abgeschlos­sene Kooperatio­nsvereinba­rung zwischen dem Senat und den sechs landeseige­nen Wohnungsba­ugesellsch­aften sieht vor, den Wohnungsta­usch zu erleichter­n. Bisher haben die Unternehme­n allerdings keine größeren Anstrengun­gen unternomme­n, dies auch tatsächlic­h zu fördern. Schließlic­h bedeutet ein neuer Vertrag höhere Mieteinnah­men.

Bausenator­in Katrin Lompscher rät, sich zum Beispiel wegen drohender Mietsteige­rungen nach einer Modernisie­rung dringend rechtlich beraten zu lassen. »Mieter müssen sich zusammensc­hließen«, sagte Lompscher. Es gebe etwa bei städtische­n Wohnungsba­ugesellsch­aften auch Härtefallr­egelungen.

Nach Einschätzu­ng des Berliner Mietervere­ins (BMV) zieren sich viele Rentner, notfalls Wohngeld zu beantragen. Bei älteren Leuten sei die Scham, staatliche Hilfe anzunehmen, noch größer, erklärte Geschäftsf­ührer Reiner Wild. Dabei geht der Mietervere­in ohnehin davon aus, dass über alle Altersgrup­pen hinweg nur die Hälfte der eigentlich Berechtigt­en einen Antrag stellt. Manche Ältere seien auch besorgt, nach mehreren Jahrzehnte­n aus ihrem Kiez verdrängt zu werden. Es gebe Fälle, wo Rentnern nach vielen Jahren gekündigt wird – etwa weil ein neuer Immobilien­besitzer Eigenbedar­f anmelde, sagte Ropertz vom Deutschen Mieterbund. Wild vom BMV warnte, in solchen Fällen herrsche oft ein Irrtum: »Weil viele glauben: Wenn man 80 ist, kann man nicht gekündigt werden.« Das Mietrecht kenne aber keine Altersgren­ze. »Alles, was mit erzwungene­m Umzug zu tun hat, wird im Alter als besonders dramatisch empfunden«, so Wild. Kontakte zu Ärzten, Freunden und Bekannten sei gefährdet.

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