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»Wir wollen klingende Kassen und Frieden«

Das Bremer Wirtschaft­sressort möchte die Oberhoheit über den berühmten Freimarkt – das gefällt nicht allen

- Von A.Cäcilie Bachmann, Bremen

Seit fast 1000 Jahren wird in den letzten beiden Oktoberwoc­hen mit dem Freimarkt die 5. Bremer Jahreszeit gefeiert. Für 17 Tage steht die Stadt am Fluss Kopf, das Ganze ist ein wichtiger Wirtschaft­sfaktor. Am Freitag startet der Bremer Freimarkt, das Volksfest gehört mit erwarteten vier Millionen Gästen zu den größten Deutschlan­ds. Die diesjährig­e Ausgabe läuft bis zum 29.Oktober – und da bis dahin noch zwei Werder-Bremen-Heimspiele anstehen, werden die Besucherza­hlen wahrschein­lich noch in die Höhe getrieben. Für den 21. Oktober ist ein großer Umzug mit rund 1500 Aktiven geplant, zum letzten Tag gehört eine »Beerdigung« mit Kapelle und ein in die Weser geworfener Sarg.

Ein Großaufgeb­ot an Akteuren des aktuellen Freimarkts präsentier­te sich am Dienstag gemeinsam der Presse, wobei die Harmonie unter ihnen zerbrechli­ch wirkte. Zwar wurde immer wieder das Wort »Wir« bemüht, doch gemeint waren jeweils unterschie­dliche Gruppen.

Auffällig war in diesem Jahr, in dem erstmals das SPD-geführte Wirtschaft­sressort für schaustell­erische Angelegenh­eiten und damit auch für den Freimarkt zuständig ist, dass die Abteilungs­leiterin für Marktangel­egenheiten, Marita Wessel-Niepel, die schnellste am Mikrofon war und die als sonst eher als eloquent bekannten Vertreter der Bremer Schaustell­erver- bände, Susanne Keuneke und Rudolf Robrahn, sich bedeckt hielten.

Der neuen Markt-Abteilungs­leiterin ging das »Wir« flüssig über die Rudolf Robrahn, Bremer Schaustell­erverband Lippen, auch als die Frage nach der Selbststän­digkeit der Schaustell­erverbände gestellt wurde. »Wir sind für Gewerbe und Märkte zuständig. Wir sind alle unter einem Dach, alle unter einer Hand«, betonte Wessel-Niepel – und meinte ihre Hand.

Da meldete sich Robrahn als Vorsitzend­er der Arbeitsgem­einschaft der Bremer Märkte (AGM) zu Wort und erklärte ruhig: »Wir legen sehr Wert auf den sehr sensiblen Umgang mit unseren Volksfeste­n!« Es klang, als schlösse das Wessel-Niepel nicht ein. Diese nutzte das Stichwort »Sensibilit­ät« als Argument dafür, dass die Sonntags-Frühschopp­en in den Zelten nur mit vorherigem Kartenkauf besucht werden können, weil der Freimarkt ein Familienfe­st bleiben solle.

Da meldete sich die »Fest-Wirtin«, die Chefin des größten Zeltes auf dem »Freimarkt«: »Wir sind schon aus- verkauft!« Das möge die Presse bitte melden. Dies wiederum rief den Veranstalt­ungsleiter eines kleineren Zeltes auf den Plan. Das »Wir« gelte nicht für ihn. Die Presse möge bitte melden, dass es für »sein« Zelt noch Karten gebe.

Als großes Novum und Zeichen der Wertschätz­ung des Marktes wurde angekündig­t, dass in diesem Jahr erstmals statt des Innensenat­ors der Bremer Bürgermeis­ter Carsten Sieling (SPD) den Anstich übernehme. Ob dieser Auftritt die Popularitä­t des öffentlich­keitsscheu wirkenden Sieling nachhaltig steigern kann, sei dahin gestellt. Gebrauchen könnte er es schon, schließlic­h wird Anfang 2019 in Bremen gewählt.

Ein echtes Novum für die offizielle Freimarkt-Eröffnung wäre eine Frau. Das wird von den Verantwort­lichen freundlich übergangen mit der Ankündigun­g, dass es wieder eine »Ladies-Night« geben wird, was 2500 Karten für Eintrittsv­ergünstigu­ngen für Frauen an jenem Abend bedeutet. Auch einen »Oma-Opa-EnkelTag« wird es laut AGM-Geschäftsf­ührer Wolfang Ahrens wieder geben. »Wir werden da nach Augenschei­n vorgehen«, sagte er und meinte augenzwink­ernd, niemand müsse per Pass seinen Oma- oder Opa-Status nachweisen.

Auch der polizeilic­h für den Freimarkt zuständige Kai Ditzel bemühte ein »Wir«, das wohl das einzige allgemeing­ültige in dieser Runde war: »Wir wollen klingende Kassen und Frieden. Das ist das Ziel!«

»Wir legen sehr Wert auf den sehr sensiblen Umgang mit unseren Volksfeste­n!«

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Foto: dpa/Ingo Wagner Größtes Volksfest im Norden: der Bremer Freimarkt

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