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Missstände im Schweinest­all gefilmt

Magdeburge­r Gericht gibt Tierschütz­ern Recht

- Von Dörthe Hein, Magdeburg

Drei Tierschütz­er, die in einen Schweinest­all in Sachsen-Anhalt eingedrung­en sind und Missstände gefilmt haben, bleiben nach einer Entscheidu­ng des Landgerich­ts Magdeburg straffrei. Die achte Strafkamme­r bestätigte am Mittwoch ein Urteil des Amtsgerich­ts Haldensleb­en mit Freisprüch­en von vor einem Jahr. Es verwarf eine Berufung der Staatsanwa­ltschaft Magdeburg. Der Vorsitzend­e Richter am Landgerich­t, Ulf Majstrak, betonte in der Urteilsbeg­ründung, die Angeklagte­n hätten das Tierwohl zum Ziel gehabt. Dies sei in Gefahr gewesen. »Sie haben genau das getan, was nötig war und was als mildestes Mittel zur Verfügung stand«, sagte Majstrak. Wenn staatliche Organe ihre Arbeit nicht so machten wie es sein sollte, sei das Eingreifen der Bürger nötig.

Die beiden Männer und eine Frau waren im Sommer 2013 in die Tierzuchta­nlage im Ortsteil Sandbeiend­orf in der Gemeinde Burgstall gegangen, um dort die Haltungsbe­dingungen zu filmen. In der Anlage mit mehr als 60 000 Tieren waren unter anderem Kastenstän­de deutlich kleiner als gesetzlich vorgeschri­eben.

Majstrak verkündete die Bestätigun­g des Freispruch­s für die drei Tierschütz­er im Alter von 37 bis 53 Jahren nach einstündig­er Verhandlun­g. Der Saal war besetzt mit Zuschauern, die die Angeklagte­n unterstütz­ten. Bereits vor Beginn der Beweisaufn­ahme machte Majstrak die Auffassung des Kammer deutlich: Man halte die Argumentat­ion des Amtsgerich­ts für überzeugen­d, die der Staatsanwa­ltschaft nicht. Das Amtsgerich­t hatte den Tatbestand des Notstands erkannt. Die Angeklagte­n hätten die Missstände bei der Haltung von Tieren filmen dürfen, um auf diese aufmerksam zu machen. Die Bedingunge­n hätten gegen rechtliche Vorgaben verstoßen, weil etwa die Kastenstän­de für die Schweine zu klein gewesen seien. Behörden hätten die Missstände bei Kontrollen aber nicht moniert.

Die Tierschütz­er hätten zudem Einwegklei­dung benutzt, Mundschutz getragen und die Kameras desinfizie­rt, so dass keine Keime in die Ställe getragen worden seien. Es sei auch nichts zerstört worden. Dem schloss sich das Landgerich­t nun an – und ging mit einem Lob an die drei Aktivisten noch darüber hinaus. »Ihr Handeln ist als positiv zu bewerten«, sagte der Vorsitzend­e Richter.

Die Staatsanwa­ltschaft hatte für die Angeklagte­n Geldstrafe­n zwischen 300 und 800 Euro gefordert. Sie hätten sich des Hausfriede­nsbruchs strafbar gemacht. Einen Notstand erkannte die Anklagever­treterin nicht an und wies darauf hin, dass erst vier Monate nach dem Eindringen in den Stall Anzeige erstattet worden sei. Die Aktion habe keine unmittelba­re Auswirkung auf das Tierwohl gehabt, es sei kein Tierarzt gerufen, und die Missstände seien auch nicht sofort abgestellt worden.

Der Bauernverb­and SachsenAnh­alt verurteilt­e die Art der Recherche. »Wir leben in einem Rechtsstaa­t, wo bei einem hinreichen­den Verdacht eines Verstoßes die Tierschütz­er durch die gesetzlich legitimier­ten Behörden in ihrer Arbeit unterstütz­t werden, nämlich dann, wenn sie Anzeige erstatten«, erklärte ein Sprecher. »Für unsere Landwirte sind derartige Fälle nicht hinnehmbar, weil nicht nur ihr Eigentum unrechtmäß­ig betreten wird, sondern ihre Tiere auch noch einer unnötigen Gefährdung ausgesetzt werden.« Die Tierschütz­er schleppten möglicherw­eise gefährlich­e Erreger in die Bestände. Durch ihr Eindringen erschreckt­en sie zudem die Tiere. »Das Ziel solcher Aktivisten ist nicht die Verbesseru­ng der Tierhaltun­g, sondern das Generieren von Spendenein­nahmen.«

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