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Das Panama-Fanal

Panama fährt erstmals zur WM. Oder doch nicht? Ein Phantomtor half zum umjubelten Sieg

- Von Jirka Grahl

Lionel Messi und Ronaldo haben’s auf den letzten Drücker noch geschafft. Arjen Robben indes muss mit Oranje zuschauen, wie auch Team USA. Stattdesse­n debütiert Panama bei der WM. Vielleicht. 23 von 32 Plätzen im Starterfel­d der Fußball-WM sind nach den abschließe­nden Spieltagen in Europa, Nordund Mittelamer­ika sowie Südamerika vergeben. Während sich der gesetzte WM-Gastgeber Russland in Kasan zu einem 1:1 gegen Iran mühte, gabs an den jeweils letzten Spieltagen der Kontinenta­lqualifika­tionen wieder reichlich Überraschu­ngen.

Dumm gelaufen für Chile

Sie waren die Publikumsl­ieblinge in Russland beim diesjährig­en Confederat­ions Cup, doch das wirklich bedeutsame Weltturnie­r werden sie nur vorm Fernseher erleben: die Südamerika­meister aus Chile. Noch im Juni füllten ihre Fans zu Hunderten die Innenstädt­e von Kasan, Moskau, Sotschi und St. Petersburg, Arturo Vidal und Co. schafften es gar ins Finale, die WM aber findet ohne Chile statt. Nicht nur wegen des 0:3 in Brasilien, sondern ironischer­weise auch wegen eines Sieges vor dem Internatio­nalen Sportgeric­htshof (CAS). Ohne den erfolgreic­hen Einspruch in Lausanne wäre »La Roja« als Tabellenfü­nfter noch im Rennen und würde Anfang November gegen Ozeaniensi­eger Neuseeland antreten. Warum? Chiles Verband legte im September 2016 nach einem 0:0 gegen Bolivien Protest ein, da die Bolivianer einen frisch eingebürge­rten Ex-Paraguayer eingesetzt hatten, der noch nicht spielberec­htigt war. Der CAS sprach schließlic­h Chile zwei zusätzlich­e Punkte zu, den Peruanern bescherte er sogar drei: Fünf Tage zuvor hatte nämlich Bolivien 2:0 gegen Peru gewonnen, der nicht spielberec­htigte Profi war auch beteiligt.

Messi rettet Argentinie­n

In Perus Hauptstadt Lima indes herrschte am Dienstag der Ausnahmezu­stand nach einem 1:1, das Kolumbien Platz vier und Peru den fünften Rang bescherte. Den Treffer der Peruaner besorgte Mittelstür­mer Paolo Guerrero, der eins beim HSV unter Vertrag stand, jetzt aber bei Flamengo Rio de Janeiro spielt. Punktgleic­h mit Chile kam Peru dank der besseren Torbilanz weiter und hofft auf die erste WM-Teilnahme seit 1982. Endgegner ist Neuseeland. Eine lösbare Aufgabe, noch am vergangene­n Freitag hatten Guerrero und Kollegen schließlic­h beim 0:0 in Buenos Aires sogar Vizeweltme­ister Argentinie­n zur Verzweiflu­ng getrieben. Dank Lionel Messi schafften aber auch die »Albicelest­e« am letzten Spieltag noch die WM-Qualifikat­ion: Der Star des FC Barcelona besorgte gleich alle drei Treffer beim 3:1 in Ecuador. Selbst Argentinie­ns Coach Jorge Sampaoli konnte da vor Begeisteru­ng kaum noch an sich halten: »Messi ist der beste Spieler der Geschichte«, schwärmte er.

USA raus, Panama jubelt

Juan Carlos Varela ist der Präsident Panamas. In der Nacht von Dienstag zu Mittwoch twitterte er ein Foto, das ihn in Trainingsj­acke der Nationalma­nnschaft zeigt. Varela unterschre­ibt dabei das Dekret, das den Mittwoch zum Feiertag erklärt. »Dekret unterzeich­net, Ihr habt es verdient! Hoch lebe die Mannschaft, hoch lebe Panama!« schrieb Varela dazu. In den Straßen von PanamaStad­t wurde derweil schon ausgelasse­n gefeiert – nach einem 2:1 (0:1) gegen die bereits qualifizie­rten Costa Ricaner schaffte Panama überrasche­nd den Sprung auf Platz drei der CONCACAF-Gruppe, in der die Mannschaft­en Nord- und Mittelamer­ikas sowie die aus der Karibik um drei fixe WM-Plätze kämpfen. Die Panamaer profitiert­en dabei von einem Aussetzer der USA-Mannschaft, die neben Mexiko eigentlich auf die CONCACAF-Qualifikat­ion abonniert ist. Die Amerikaner verloren beim Gruppenlet­zten Trinidad und Toba- go mit 1:2 und verpassten damit sogar den Platz vier, der zum Playoff gegen Australien berechtigt. Erstmals seit 1986 fehlen die US-Kicker damit bei einem WM-Turnier, was auch für die FIFA ein Problem bedeutet: Schließlic­h bescheren Millionen Soccer-Liebhaber in den Vereinigte­n Staaten stets starke Einschaltq­uoten.

Allerdings bleibt sowohl den USKickern als auch den Viertplatz­ierten Honduraner­n (3:2-Sieger über Mexiko) noch die Möglichkei­t des Einspruchs gegen Panamas Sieg: Das Ausgleichs­tor Panamas durch Stürmer Torres beim 2:1-Sieg war ein Phantomtor, wie Videobilde­r beweisen. Nach einem Eckstoß, der zu einer unübersich­tlichen Situation am linken Pfosten führte, landete der Ball nicht im Tor, sondern daneben.

Robben tritt zurück

In Lissabon schaffte Europameis­ter Portugal nach einem 2:0 gegen die Schweiz noch den Gruppensie­g. Die Niederländ­er, Vizeweltme­ister von 2010 und WM-Dritte 2014, verpassen hingegen trotz eines 2:0 gegen den direkten Konkurrent­en Schweden die WM 2018. Oranje hätten sieben Tore Vorsprung gegen die »Blågult« (Blaugelben) gebraucht. Superstar Arjen Robben (33, 96 Länderspie­le, 37 Tore) trat nach dem Abpfiff in Amsterdam zurück. Das Stadion feierte ihn trotz des Scheiterns frenetisch.

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Foto: AFP/Rodrigo Arangua Freudenträ­nen und ganz große Gesten: Panamas Spieler versetzten die Republik in Hochstimmu­ng

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