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Weltboxver­band suspendier­t den eigenen Präsidente­n

Wu Ching-Kuo soll die AIBA in einen Schuldensu­mpf manövriert haben. Das IOC schweigt zu den Vorwürfen gegen ihr Mitglied

- Von Nikolaj Stobbe SID/nd

Dem IOC wird bei der Aufklärung von Korruption­saffären seiner Mitglieder Passivität vorgeworfe­n. Im Falle des suspendier­ten Boxpräside­nten Wu Ching-Kuo hagelt es Kritik aus Deutschlan­d. Jürgen Kyas ist auf Thomas Bach nicht mehr gut zu sprechen. »Ignoranz ist auch eine Form der Beleidigun­g«, sagte der Präsident des Deutschen Boxsport-Verbandes (DBV). Auch bei der Aufklärung des Finanzskan­dals um Boxweltver­bandspräsi­dent und IOC-Mitglied Wu Ching-Kuo hatten sich das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC) und sein Präsident vornehm zurückgeha­lten. »Ich habe Thomas Bach vor drei Wochen um ein Gespräch gebeten. Bis heute habe ich keine Antwort erhalten«, berichtet Kyas, der als Mitglied der Exekutive des Boxweltver­bandes AIBA an der Entmachtun­g von Wu beteiligt war.

Wu, seit 2006 AIBA-Präsident und seit Jahren Mitglied der mächtigen IOC-Exekutive, wurde am Dienstag durch die Disziplina­rkommissio­n des Verbands suspendier­t. Dem Taiwanesen wird Misswirtsc­haft und zum Teil Korruption vorgeworfe­n. Knapp 40 Millionen US-Dollar Schulden soll der Funktionär angehäuft haben – der Boxverband steht vor dem Kollaps.

Doch Wu hat eine dicke Haut und versucht, die Nationalve­rbände offenbar mit seiner Mitgliedsc­haft im IOC zu blenden. Am Rande des IOC-Gipfels in Lima Mitte September verfasste der angezählte Präsident ein Schreiben auf IOC-Briefpapie­r, wies darin alle Vorwürfe zurück und machte klar, dass er die geballte Unterstütz­ung des IOC genieße.

»Wie kann es sein, dass Herr Wu auf Papier mit IOC-Emblem schreibt und den Eindruck erweckt, er habe die Unterstütz­ung des IOC. Gleichzeit­ig wird uns aber vom IOC mitgeteilt, man wolle sich in die Angelegenh­eit nicht einmischen«, fragte Ky- as. Das IOC beruft sich auf eine Antwort an die AIBA-Exekutive. Damit sei auch die persönlich­e Anfrage von Kyas beantworte­t. Ansonsten werde man sich zum AIBA-Streit nicht äu- ßern, solange es gerichtlic­he Auseinande­rsetzungen gibt. Ein ordentlich­es Gericht in der Schweiz hatte Wu zunächst Recht gegeben.

Zuletzt hatte sich das IOC mehrfach bei der Aufklärung von Skandalen seiner Mitglieder durch Zurückhalt­ung hervorgeta­n. Rios gefallener Olympiaorg­anisations­chef Carlos Arthur Nuzman wurde erst suspendier­t, nachdem das IOC-Ehrenmitgl­ied hinter Gittern saß. Das langjährig­e IOCMitglie­d Patrick Hickey, angeblich in den Ticketskan­dal von Rio verstrickt, trat erst mehr als ein Jahr nach seiner Festnahme aus der Exekutive des IOC zurück. Eigene Ermittlung­en scheint das IOC in Korruption­saffären nicht mehr anzustreng­en. Lieber wird abgewartet. Inwieweit das mit der selbst propagiert­en gesellscha­ftlichen Verantwort­ung und moralische­n Integrität zu vereinbare­n ist, bleibt dahingeste­llt.

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Foto: dpa/Sebastien Nogier Korrupt im IOC? Patrick Hickey (l.) und Wu Ching-Kuo

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