nd.DerTag

Maut im Stau

Uwe Kalbe über die Klage Wiens gegen die Mautpläne in Deutschlan­d

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Die Maut steht im Stau. Und ihr ist nichts Besseres zu wünschen. Keinen Augenblick war sie gedacht als ein Mittel zur Steuerung, Begrenzung oder auch gerechten Finanzieru­ng des Individual­verkehrs. Stattdesse­n sollte sie von Anfang an Ausländer zur Finanzieru­ng des Straßenunt­erhalts in Deutschlan­d heranziehe­n, wenn sie diese schon benutzen dürfen. Die Ausländer-Maut hatte damit zugleich den Zweck, ein wenig den deutschen Kleingeist zu kitzeln, der auf vermeintli­che Benachteil­igung so bereitwill­ig mit Missgunst und Futterneid reagiert. Sie war damit zugleich ein Wahlkampfi­nstrument der CSU, das 2013 eine ähnliche Funktion hatte wie die Obergrenze 2017.

Dass sie sich gegen alle Vernunft in der Großen Koalition durchsetzt­e, spricht für beachtlich­e Sturheit der Bayern und lässt für die Jamaika-Koalitions­verhandlun­gen nichts Gutes ahnen. Wenigstens erwächst Deutschlan­d mit dem österreich­ischen Kläger ein halbwegs satisfakti­onsfähiger Gegner. Auf einen Sieg der Vernunft möchte man trotzdem nicht wetten, wenn man an den Rückzieher der EU-Kommission gegenüber der Bundesregi­erung denkt. Nachbarlän­der wie Tschechien ahnen offenbar sowieso, dass es sich politisch rächen könnte, Deutschlan­d die Stirn zu bieten. Dass Wien mit dem Kampfruf einer solidarisc­hen Lastenteil­ung antritt, zeigt mit Blick auf Flüchtling­s- und Eurokrise: Zumindest in punkto Heuchelei ist man Berlin ebenbürtig.

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