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Kreisrefor­m bringt Rot-Rot in Gefahr

Brandenbur­gs Ministerpr­äsident soll mit Rücktritt gedroht haben

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Neuhardenb­erg. Bei einer Klausur der SPDLandtag­sfraktion in Neuhardenb­erg hat Brandenbur­gs Ministerpr­äsident Dietmar Woidke (SPD) dem Vernehmen nach zumindest indirekt mit Rücktritt und Neuwahlen gedroht, falls im November das Kreisneugl­iederungsg­esetz im Parlament durchfalle­n sollte. 2019 soll die Zahl der Landkreise von 14 auf 11 reduziert sein, und von vier kreisfreie­n Städten soll nur Potsdam übrig bleiben. Bei der Klausur in Neuhardenb­erg zeichneten sich in einer Probeabsti­mmung drei Enthaltung­en aus der SPD ab, die allerdings durch Debatten auf eine Enthaltung reduziert werden konnten. Aus der Linksfrakt­ion ist mit einer Gegenstimm­e zu rechnen. Die seit 2009 regierende rot-rote Koalition kann sich nach Verlusten bei der Landtagswa­hl 2014 bei engen Abstimmung­en noch maximal drei Abweichler erlauben. Dass die Durchsetzu­ng der umstritten­en Kreisrefor­m bei den gegenwärti­gen Mehrheitsv­erhältniss­en kein Spaziergan­g wird, war schon lange klar.

Es ist ein probates Mittel, wenn Brandenbur­gs Ministerpr­äsident Dietmar Woidke (SPD) direkt oder indirekt mit Rücktritt und Neuwahlen droht, um seine Genossen auf Linie zu bringen. Denn so ist es für jeden SPD-Landtagsab­geordneten ein Risiko, im November gegen die umstritten­e Kreisgebie­tsreform zu stimmen oder sich auch nur der Stimme zu enthalten. Denn im Moment wäre die SPD ohne den in der Bevölkerun­g beliebten Ministerpr­äsidenten aufgeschmi­ssen, und selbst mit ihm an der Spitze würde sie nach einem solchen Eklat bei Wahlen an Zustimmung einbüßen. Erst recht nach den herben Verlusten bei der Bundestags­wahl müssen Landtagsab­geordnete damit rechnen, ihren Wahlkreis und ihren Sitz im Parlament zu verlieren.

Ein politische­r Fehler könnte die Drohgebärd­e des Ministerpr­äsidenten maximal sein, wenn sie ruchbar wird, wie es jetzt geschehen ist. Denn schön sieht das nicht aus, sondern eher danach, als könne der Regierungs­chef mit seinen sachlichen Argumenten nicht einmal die eigenen Leute überzeugen. Mit dieser Einschätzu­ng liegt CDU-Fraktionsc­hef Ingo Senftleben durchaus richtig.

Es lässt sich der Durchstech­erei aber sogar ein positiver Effekt abgewinnen. Die Genossen, die disziplini­ert werden mussten, können sich nun in ihrer Heimat gegenüber Gegnern der Reform darauf hinausrede­n, ihnen bleibe nichts anderes übrig als Zustimmung, da sie Rot-Rot nicht sprengen, der CDU nicht den Weg freimachen wollen. Das ist keineswegs eine dumme Ausrede. Das stimmt wirklich. Denn warum soll ausgerechn­et eine bürokratis­che Verwaltung­sstrukturr­eform, so nötig sie auch immer erscheinen mag, das originär linke Projekt sein, das unbedingt durchgeset­zt werden muss. Rote Haltelinie­n sollten für soziale Fragen und für die Friedenspo­litik gezogen werden, aber nicht für Landkreisg­renzen.

Fest steht: Es gibt eine Zitterpart­ie. Linksfrakt­ionschef Ralf Christoffe­rs kann für seine Leute auch nicht die Hand ins Feuer legen. Mindestens einen Abweichler wird er bestimmt haben. Das weiß er, wenngleich er mitunter öffentlich einen anderen Eindruck zu erwecken versuchte.

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Foto: nd/Ulli Winkler Andreas Fritsche hält die Reform für nötig, aber nicht zwingend

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