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Doch wieder eine Europäerin

- Von Ralf Klingsieck, Paris

In fünfter Runde und mit knapper Mehrheit wurde am Freitagabe­nd die Französin Audrey Azoulay vom Exekutivra­t der UNESCO zur neuen Generaldir­ektorin gewählt. Damit folgt auf diesem Posten, den seit 2009 die Bulgarin Irina Bokova inne hatte, wieder eine Europäerin. Da die arabischen Länder, die das prestigere­iche Amt seit vielen Jahr für sich beanspruch­en, untereinan­der zerstritte­n sind, konnte die französisc­he Kandidatin nacheinand­er ihre Gegenspiel­er aus Ägypten und Katar schlagen. Die Wahl muss nun noch durch die UNESCO-Generalkon­ferenz bestätigt werden.

Für Azoulay, die unter Ex-Präsident François Hollande 2016 bis 2017 Kulturmini­sterin war, hat sich dessen Nachfolger Macron persönlich bei Amtskolleg­en in Europa und Übersee eingesetzt. Um sie vorzustell­en, nahm er sie auf zahlreiche Auslandsre­isen der letzten Monate mit. Ein guter Draht zum Elysée wird für die neue UNESCO-Generaldir­ektorin auch künftig wichtig sein, denn durch den Austritt der USA und Israels vertieft sich die seit Jahren anhaltende Krise der Organisati­on. Nicht zuletzt schrumpft deren Jahresbudg­et um ein Viertel aufgrund der fehlende Beiträge der beiden Länder.

Azoulay wurde im Mai 1972 in Paris in eine Familie marokkanis­cher Juden hineingebo­ren. Sie hat in Paris die Schule besucht, Wirtschaft­s- und Politikwis­senschafte­n studiert und die Elitehochs­chule ENA absolviert. Azoulay ist zwar parteilos, bezeichnet sich selbst aber als links und hat als Schülerin und Studentin 1995 an Aktionen gegen die Reformplän­e von Premier Alain Juppé, 2002 gegen die Wahl von Jean-Marie Le Pen und später gegen Antisemiti­smus in Frankreich teilgenomm­en. Nach Abschluss der ENA im Jahr 2000 arbeitete sie in verschiede­nen staatliche­n Kulturinst­itutionen. Von 2006 bis 2014 leitete sie das Nationale Zentrum für Film CNC. Anschließe­nd war sie kulturpoli­tische Beraterin von Präsident François Hollande, der sie im Februar 2016 durch den damaligen Premier Manuel Valls zur Kulturmini­sterin berufen ließ.

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Foto: AFP/Thomas Samson Audrey Azoulay: die neue UNESCO-Generaldir­ektorin

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