nd.DerTag

Böse Bücher?

- Martin Hatzius warnt Antifaschi­sten vor vorschnell­en Schlüssen

Protagonis­ten der Neuen Rechten ist es gelungen, die Buchmesse für ihre Ziele zu kapern und die Aufmerksam­keit auf sich zu ziehen. Der schlimmste Fehler, den Gegner jener Demagogen jetzt machen können, wäre es, deren strategisc­hem Vorgehen weiter auf den Leim zu gehen – etwa, indem sie bestimmte Bücher blind verdammen. In Frankfurt hat der rechtsradi­kale Antaios-Verlag einen »Wegweiser durch unsere Szene« ausgegeben, auf dem sich die Namen von Verlagen und Autoren finden, die vorgeblich »etwas für uns bereithalt­en«. Auf dieser Empfehlung­sliste finden sich neben erzkonserv­ativen Denkern auch explizit linke Publiziste­n wieder, die sich im Grabe umdrehen müssten – wenn sie denn tot wären. Da sie es in der Mehrzahl nicht sind, ist es für sie und ihre Leser an der Zeit, sich mit guten Argumenten gegen solch perfide Vereinnahm­ungsversuc­he zur Wehr zu setzen. Ihre Stoffe und Themen aber dürfen sie nicht den Rechten überlassen. Selbst wo ein solcher Widerspruc­h nicht zu erwarten ist – etwa bei den »empfohlene­n« Schriftste­llern Martin Mosebach, Botho Strauß oder Ulrich Schacht –, sollten sich Leser davor hüten, deren Belletrist­ik mit rechter Propaganda zu verwechsel­n. Niemand muss diese Bücher lesen. Sie aber ungelesen zu verdammen, kommt einer Verweigeru­ng der geistigen Auseinande­rsetzung gleich.

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