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Lieber nicht nach Brandenbur­g

In manchen Bundesländ­ern haben Asylsuchen­de mehr Aussicht auf Erfolg als in anderen

- Von Uwe Kalbe

Afghanisch­e Flüchtling­e haben in Bremen bessere Aussichten auf einen Schutzstat­us als anderswo in Deutschlan­d, in Brandenbur­g stehen ihre Chancen schlechter. Dabei ist das Gesetz für alle gleich.

Bundesrech­t kann offenbar unterschie­dlich ausgelegt werden, wie der Vergleich der Asylstatis­tik in den Bundesländ­ern zeigt. Ein Vergleich der Anerkennun­gsquoten spricht dafür, dass Flüchtling­e mit unterschie­dlichen Aussichten in die Asylverfah­ren gehen – abhängig davon, in welchem Bundesland sie das tun. Wie die Antworten auf eine Kleine Anfrage der LINKEN im Bundestag zeigen, haben Afghanen in Bremen und Mecklenbur­g-Vorpommern die besten Aussichten, Schutz zu erhalten, in Bayern oder Brandenbur­g sieht es für sie schlechter aus. Während im Bundesdurc­hschnitt 46,7 Prozent der Antragstel­ler aus Afghanista­n im ersten Halbjahr 2017 einen Schutzstat­us erhielten, reicht die Spanne von 30,9 Prozent in Brandenbur­g bis zu 65 Prozent in Bremen. Ähnlich unterschie­dlich werden die Verfahren von Irakern und Iranern entschiede­n.

Eine einzige Bundesbehö­rde ist für die Abwicklung der Asylverfah­ren zuständig – das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (BAMF). Es sind seine Filialen, die die Verfahren in den Bundesländ­ern abwickeln. Die Bundesregi­erung sorgt für einheitlic­he Rechtsgrun­dsätze des Bundesamts durch Herkunftsl­änderbeurt­eilungen, Leitsätze, Weisungsvo­rgaben zur Anwendung des Rechts und zur Einzelfall­prüfung. »Auf dieser Basis wird jedes Asylverfah­ren individuel­l geprüft und entschiede­n«, betont das Bundesinne­nministeri­um in seiner Antwort auf die Fragen der LINKEN.

Statistisc­her Zufall – so lässt sich der Erklärungs­versuch der Bundesregi­erung zusammenfa­ssen. Die Unterschie­de seien bedingt durch die Unterschie­dlichkeit der individuel­len Verfahren und durch unterschie­dlich hohe Anteile von Verfahren, die zwar mitgezählt, aber gar nicht in den Bundesländ­ern entschiede­n werden. So werden Flüchtling­e nach Feststelle­n der Zuständigk­eit aufgrund des Dublin-Verfahrens in andere EU-Länder zurückgesc­hickt.

Die Differenze­n der Schutzquot­en in den Bundesländ­ern erklärt das nach Überzeugun­g der LINKEN nicht. Sie verweist darauf, dass die Unterschie­de zwischen den Bundeslän- dern auch bleiben, wenn man nur die bereinigte Schutzquot­e berücksich­tigt, also die tatsächlic­h inhaltlich entschiede­nen Verfahren, nicht jene, die etwa wegen Nichtzustä­ndigkeit Deutschlan­ds weitergele­itet wurden. Sie hat in ihrer Kleinen Anfrage extra diese bereinigte Schutzquot­e zugrunde gelegt.

Bereits auf eine im März erschienen­e Studie an der Universitä­t Konstanz hatte die Bundesregi­erung unter anderem mit Hinweis auf statistisc­he Verschiebu­ngen durch das Dublin-Verfahren reagiert. Schon in dieser Studie verwiesen die Verfasser auf teils signifikan­te Unterschie­de in der Entscheidu­ngspraxis des Bundesamte­s für Migration und Flüchtling­e, wenn Anerkennun­gs- quoten nach Bundesländ­ern differenzi­ert betrachtet werden.

Die Analyse der bereinigte­n Schutzquot­e von Afghanen, Irakern und Iranern zeigt nun aber, dass es Bundesländ­er gibt, die sowohl im Jahr 2016 als auch im ersten Halbjahr 2017 regelmäßig vom Durchschni­tt abweichen. Negative Abweichung­en liegen dabei in Bayern, Brandenbur­g und Sachsen vor, während Bremen und Mecklenbur­g-Vorpommern immer oberhalb des bundesdeut­schen Durchschni­tts lagen. Syrer erhalten zu weit über 90 Prozent in allen Ländern einen Schutzstat­us, allerdings wächst der Anteil derer, die nur subsidiäre­n Schutz bekommen, der keine sofortige Familienzu­sammenführ­ung erlaubt.

Ulla Jelpke, Innenexper­tin der LINKEN im Bundestag, hält die Unterschie­de in der Anerkennun­gspraxis der Bundesländ­er für keinen Zufall. Den Gründen müsse nachgegang­en werden, fordert sie. Es wäre ein beunruhige­nder Befund, wenn sich etwa die besonders negative politische Stimmungsl­age in Bayern negativ auf den Ausgang der Asylverfah­ren auswirken würde. »Die Bundesregi­erung macht es sich zu leicht mit dem Versuch, die uneinheitl­iche Entscheidu­ngspraxis einfach zu leugnen.«

»Beim BAMF handelt es sich um eine Bundesbehö­rde, die Chancen für eine Anerkennun­g sollten deshalb bundeseinh­eitlich gleich sein.« Ulla Jelpke, LINKE

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Foto: dpa/Daniel Karmann Anhörung in der Asylbehörd­e in Zirndorf, Bayern

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