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Türkische Spitzel beim BAMF

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Es ist unklar, ob es Einzelfäll­e sind: Türkische Asylbewerb­er glauben, von türkischst­ämmigen Mitarbeite­rn deutscher Ausländerb­ehörden in der Heimat denunziert worden zu sein.

Berlin. Türkische Asylbewerb­er verdächtig­en türkischst­ämmige Mitarbeite­r deutscher Ausländerb­ehörden, sie an regierungs­treue Kreise in ihrer Heimat verraten zu haben. Dies berichten der »Spiegel« und das ARD-Magazin »Report Mainz«, die hierzu eine gemeinsame Recherche geführt hatten. Türkische Asylbewerb­er erklärten demnach, sie hätten kurz nach Gesprächen mit dem Flüchtling­sbundesamt BAMF ihren Namen mit Aufenthalt­sort in Deutschlan­d in türkischen AKPnahen Zeitungen wiedergefu­nden. Teilweise seien die Betroffene­n auch als Terroriste­n diffamiert worden, was sie zur Zielscheib­e von türkischen Nationalis­ten in Deutschlan­d macht. In mindestens zwei Fällen ermittele die Polizei, berichtete das Magazin, das zum Schutz der Betroffene­n keine näheren Ortsangabe­n machte.

Das BAMF teilte unterdesse­n mit, es habe sich von 15 freiberufl­ichen Mitarbeite­rn getrennt, weil diese sich nicht an das »Neutralitä­tsgebot« gehalten hätten. Es sei allerdings kein Fall bekannt, in dem Mitarbeite­r Informatio­nen über Asylbewerb­er an türkische Behörden weitergege­ben hätten, hieß es.

Das BAMF teilte mit, es habe sich von 15 freiberufl­ichen Mitarbeite­rn getrennt, weil diese sich nicht an das »Neutralitä­tsgebot« gehalten hätten.

Echte oder vermeintli­che Gegner des türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan und der AKP-Regierung in Ankara stehen seit Längerem auch in Deutschlan­d unter Beobachtun­g der Türkei. So gab es eine Spitzelaff­äre beim Islamverba­nd Ditib; es mehren sich außerdem Beschwerde­n, dass türkische Konsulatsl­ehrer versuchen, über Schüler Informatio­nen zu gewinnen; und kurdische Aktivisten beklagen in Deutschlan­d schon länger, vom türkischen Geheimdien­st beschattet zu werden. Erst vor wenigen Tagen ist deshalb in Hamburg ein Spion des türkischen Geheimdien­stes verurteilt worden.

Eine der Personen, auf die sich der »Spiegel« als Quelle für seine Recherche stützt, hat als Anhänger der Gülen-Bewegung inzwischen Asyl in Deutschlan­d erhalten. Die türkische Regierung macht die Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen für den Putschvers­uch vom Juli 2016 verantwort­lich. Seither sind Zehntausen­de aus dem Staatsdien­st entlassen worden, viele wurden inhaftiert.

Mehr als 600 ranghohe Staatsbeam­te haben seit dem Putschvers­uch in Deutschlan­d Asyl beantragt, wie aus Zahlen des Bundesinne­nministeri­ums hervorgeht. Bis Mitte September haben 250 Personen mit türkischen Diplomaten­papieren und 380 mit Dienstausw­eisen für hohe Staatsbeam­te Asyl in der Bundesrepu­blik beantragt. Die stark gestiegene Zahl der Asylsuchen­den aus der Türkei sorgt für heftigen Ärger zwischen Berlin und Ankara. Die deutschtür­kischen Beziehunge­n sind ohnehin sehr angespannt, nicht zuletzt wegen der in der Türkei aus politische­n Gründen inhaftiert­en Bundesbürg­er.

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