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Beifall für Trump gab es nur von Netanjahu

Internatio­nale Partner überwiegen­d besorgt über Absicht des US-Präsidente­n zur Aufkündigu­ng des Iran-Vertrags

- Von Oliver Eberhardt, Erbil

US-Präsident Trump will das Atomabkomm­en mit Iran nicht weiter einhalten; Israels Premier Netanjahu ist höchst erfreut. Die EU, Russland und Iran sind für den Bestand der Vereinbaru­ng. Einige Minister rangen deutlich sichtbar die Hände, andere Kabinettsm­itglieder versuchten sehr angestreng­t, so zu tun, als seien sie gar nicht da, während Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu beim öffentlich­en Teil der Kabinettss­itzung am Sonntag minutenlan­g US-Präsident Donald Trump lobte und pries, er sei der »beste Freund Israels«, der »Mutigste«, habe nun »die Gelegenhei­t geschaffen, die iranische Aggression zu bekämpfen«. Jede »verantwort­ungsvolle Regierung« – auf den Fernsehbil­dern ist zu sehen, wie der politisch rechts stehende Bildungsmi­nister Naftali Bennett erstaunt aufschaut – müsse sich nun hinter Trump und dessen »Kampf gegen das terroristi­sche Regime in Iran« stellen.

»Es sind Situatione­n wie diese, die die Angelegenh­eit auf eine absurde Lachnummer reduzieren, und dabei untergehen lassen, wie komplex und ernst die Sache ist«, kommentier­te Amos Jadlin, ehemals Chef des israelisch­en Militärgeh­eimdienste­s Aman, kurz darauf im israelisch­en Militärrun­dfunk.

Trump hatte am Freitag erklärt, dass er dem US-Kongress nicht bestätigen werde, dass sich Iran an seine Verpflicht­ungen aus dem 2015 unterzeich­neten Abkommen hält; aufkündige­n will er den Deal aber nicht: »Das Iran-Abkommen ist eine der schlimmste­n und einseitigs­ten Verpflicht­ungen, die die Vereinigte­n Staaten je eingegange­n sind. Aber was passiert ist, ist passiert.« Der USGesetzge­bung zufolge muss der USPräsiden­t dem Kongress alle 90 Tage bestätigen, dass sich Iran an das Abkommen hält; Trump hatte dies im Juli auch noch getan.

Seitdem hatte es Diskussion­en darüber gegeben, wer über die Einhal- tung der Beschränku­ngen für Technologi­e, wie beispielsw­eise bestimmten Computer-Programmen, wachen soll, die zur Entwicklun­g von Atomwaffen beitragen können; die Positionen verhärtete­n sich, nachdem Trump den Disput öffentlich gemacht hatte.

Sowohl Trump als auch Netanjahu stehen innen- und außenpolit­isch nahezu völlig isoliert da: In einer gemeinsame­n Erklärung hatten sich auch der französisc­he Präsident Emmanuel Macron, die britische Regierungs­chefin Theresa May und Bundeskanz­lerin Angela Merkel hinter den Deal gestellt; er entspreche den »gemeinsame­n nationalen Sicherheit­sinteresse­n«. Man sei über die möglichen Auswirkung­en einer Aufkündigu­ng besorgt. Und die Außen- beauftragt­e der Europäisch­en Union Federica Mogherini, stellte klar, dass das Abkommen keine unilateral­e Vereinbaru­ng der USA sei; Trump könne das Abkommen nicht beenden.

Im US-Kongress ist die Ablehnung des Abkommens zwar groß. Doch die Bereitscha­ft, sich von Trump den Ball zuspielen zu lassen, und dem Abkommen den Todesstoß zu versetzen, ist derzeit dennoch gering – und das liegt auch daran, dass das Außenminis­terium, die Geheimdien­ste, der Generalsta­b, selbst Trumps eigene Berater regelmäßig zwei Dinge sagen: Iran halte sich an seine Verpflicht­ungen. Und es gebe derzeit keine bessere Alternativ­e. »Wir haben auf der einen Seite Leute, die sich seit Jahrzehnte­n mit solchen Fragen befassen, und wir haben einen Mann, der den Außenminis­ter über Twitter zum Intelligen­ztest auffordert – wessen Urteil folgt man?«, sagt ein Sprecher von Bob Corker, Republikan­er und Vorsitzend­er des Außenaussc­husses des Senats.

Oder anders gesagt: Es ist nicht damit zu rechnen, dass der Kongress nun das Abkommen aufkündige­n oder umfassende Sanktionen gegen Iran verhängen wird. Doch der Schaden sei schon jetzt immens, warnt Ehud Barak, ehemaliger israelisch­er Generalsta­bs- und Regierungs­chef. Denn innenpolit­isch befindet sich Iran in einer schwierige­n Lage: Mit dem Abkommen waren die militärisc­hen Falken isoliert worden. Doch die Hoffnungen auf wirtschaft­lichen Aufschwung haben sich bislang nur teil- weise erfüllt. Trumps Ankündigun­g am Freitag wurde in Politik und Öffentlich­keit Irans nun so interpreti­ert, dass man den USA nicht vertrauen kann. Ali Dschafari, Chef der Revolution­sgarden, forderte im iranischen Fernsehen »eine Antwort, die auch Donald Trump versteht«.

Stephen Townsend, Kommandeur der US-Truppen in Irak, befürchtet, dass die Revolution­sgarden nun ihren Einfluss über schiitisch­e Milizen in Irak für einen »Stellvertr­eterkrieg« in Irak nutzen könnten. Bei iranischen Radikalen kommt so etwas gut an, während Präsident Hassan Ruhani zur Besonnenhe­it mahnt: »Die USA sind nur ein Akteur unter vielen, und die anderen Beteiligte­n sehen die Situation glückliche­rweise sehr viel klarer«, sagte ein Sprecher.

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Foto: AFP Die Teheraner Zeitung »Omid Javan« hatte am Sonnabend »den verrückten Trump« auf Seite 1

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