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Harveys tiefer Fall

Oscar-Akademie: Weinstein ausgeschlo­ssen

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Die Oscar-Akademie hat den Filmproduz­enten Harvey Weinstein nach Vorwürfen von sexuellen Belästigun­gen aus dem renommiert­en Verband ausgeschlo­ssen. Er verdiene nicht den Respekt seiner Kollegen, hieß es zur Begründung in einer Mitteilung der Organisati­on. Der Vorstand der Academy of Motion Picture Arts and Sciences war am Samstag zu einer Dringlichk­eitssitzun­g zusammenge­kommen.

Für den sofortigen Ausschluss Weinsteins hätten sich deutlich mehr als die benötigten zwei Drittel der Mitglieder ausgesproc­hen. Der 54-köpfige Vorstand, dem unter anderem die Oscar-Preisträge­r Steven Spielberg, Tom Hanks und Whoopi Goldberg angehören, wolle damit auch die Botschaft senden, »dass die Ära von vorsätzlic­her Ignoranz und schmählich­er Mitschuld bei sexuell rücksichts­losem Verhalten und Belästigun­gen am Arbeitspla­tz in unserer Branche vorbei ist«. Weiter hieß es in der Mitteilung, dass die Akademie nun Richtlinie­n für »ethisches Verhalten« erarbeiten wolle.

Erst einmal hatte die Filmakadem­ie in ihrer langen Geschichte ein Mitglied ausgeschlo­ssen. 2004 flog der Schauspiel­er Carmine Caridi nach 22-jähriger Mitgliedsc­haft raus. Er hatte Filmbänder weitergege­ben, die ihm für die Oscar-Bewertung zugeschick­t worden waren. Diese waren dann im Internet als Raubkopien aufgetauch­t.

Weinsteins Fall sorgt seit Tagen für Schlagzeil­en. Zahlreiche Schauspiel­erinnen und Mitarbeite­rinnen des Produzente­n hatten sich mit Missbrauch­s-Vorwürfen gegen den Produzente­n zu Wort gemeldet, darunter Ashley Judd, Eva Green, Angelina Jolie, Gwyneth Paltrow, Kate Beckinsale, Cara Delevingne und Léa Seydoux. Die US-Schauspiel­erin Rose McGowan beschuldig­te Weinstein der Vergewalti­gung.

Eine Sprecherin Weinsteins hatte die Anschuldig­ungen nach Bekanntwer­den der ersten Vorwürfe zurückgewi­esen: »Jegliche Vorwürfe von Sex, der nicht in beiderseit­igem Einverstän­dnis stattgefun­den hat, werden von Herrn Weinstein eindeutig verneint.«

Prominente Branchen-Kollegen haben sich inzwischen von Weinstein distanzier­t. Filmstars wie Meryl Streep, Ryan Gosling, Tom Hanks, Leonardo DiCaprio und Michael Moore zeigten sich erschütter­t über die mutmaßlich­en sexuellen Übergriffe und den Machtmissb­rauch des Moguls.

Moore, der mit Weinstein für seine Doku »Fahrenheit 9/11« zusammenge­arbeitet hatte, rief in einem Facebook-Eintrag dazu auf, »eine Welt ohne Harveys« zu schaffen.

»Ich bin beschämt und angewidert von dem Verhalten meines Bruders.«

Bob Weinstein Moore bezeichnet­e Weinstein als einen »erfolgreic­hen Soziopathe­n«, dem es über Jahre gelungen sei, Frauen heimlich zu missbrauch­en. Er selbst habe nichts von Weinsteins Übergriffe­n gewusst.

Von seinem Filmstudio The Weinstein Company (TWC), das er zusammen mit seinem Bruder Bob gegründet hat, ist Harvey Weinstein bereits entlassen worden. In einem am Samstag veröffentl­ichten Interview mit der Filmzeitsc­hrift »Hollywood Reporter« hatte sich Bob Weinstein für den Rauswurf seines Bruders aus der OscarAkade­mie ausgesproc­hen. »Ich bin beschämt und angewidert von dem Verhalten meines Bruders«, sagte er.

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