Erst einmal aufplustern und Maximalforderungen stellen
Die FDP beansprucht den Posten des Finanzministers und eines Bundestagsvizepräsidenten, die CSU will eine rigide Einwanderungspolitik
Nach den ersten Sondierungsgesprächen sind vor allem die Differenzen der vier Verhandlungspartner in den Vordergrund gerückt. Klar ist: Die Regierungsbildung wird schwierig und lange dauern.
In Vorbereitung auf die am Freitag beginnenden Koalitionsverhandlungen traf sich die Union am Mittwoch zunächst zu Sondierungsgesprächen mit der FDP und später mit den Grünen. Nachdem die FDP schon vorab den Wunsch äußerte, das Finanzministerium zu besetzen, wurde nach den Gesprächen bekannt, dass die Partei außerdem ihren Vizevorsitzenden Wolfgang Kubicki zum Bundestagsvizepräsidenten machen will. Parteichef Christian Lindner wolle ihn am Freitag vorschlagen. Den- noch sagte die Generalsekretärin Nicola Beer unmittelbar nach den Gesprächen: »Für uns als Freie Demokraten liegen noch alle Karten auf dem Tisch.«
Die Generalsekretäre der CDU und CSU klangen zuversichtlicher. So sprach Peter Tauber (CDU) von einem »guten Gefühl« und sagte, es habe ein »erster, konstruktiver Austausch« stattgefunden. Andreas Scheuer (CSU) betonte, dass es sich zwar um eine »komplizierte Konstellation nach dem Wahlergebnis« handle, seine Partei jedoch »sehr froh« darüber sei, »dass es jetzt endlich losgeht«. Den Gesprächen mit den Grünen sah Scheuer mit etwas Skepsis entgegen und sagte, dass diese ein »größeres und härteres Werkstück« werden dürften.
Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer hatte sich bereits am Dienstag zu Gesprächen mit der Parteispitze der Grünen getroffen. Er war zuvor noch nie zu Gast bei den Grünen und sagte, dass es im Hinblick auf die Ko- alitionsverhandlungen gut sei, »wenn man sich mal persönlich kennenlernt«. Vor den Gesprächen am Mittwoch wiederholte er jedoch die Forderung der CSU, Zuwanderung nach Deutschland künftig zu begrenzen. Die Grünen witzelten nach dem Besuch von Seehofer, er habe es »überlebt«.
Auf besonderen Konfrontationskurs ging der FDP-Vorsitzende Christian Linder im Vorfeld der Gespräche. In einem Interview mit dem »Stern« forderte er, »dass in der CDU in den nächsten vier Jahren eine Debatte über die Nachfolge von Angela Merkel eröffnet wird«. Wenn die Union mit den Stimmen seiner Partei für die Wahl der Bundeskanzlerin rechnen wolle, müsse sie ihnen »ein Angebot machen«. Als unverhandelbar nannte er die Erarbeitung und Verabschiedung eines Einwanderungsgesetzes in dieser Wahlperiode.
Die Grünen schickten für die Gespräche den Parteilinken Jürgen Trittin ins Rennen. Im Vorfeld betonte er die Haltung der Grünen zur Flüchtlingsfrage. Er sagte, er kenne »die Position von CDU und CSU. Das ist we- der die der FDP noch die der Grünen«, daher glaube er nicht daran, dass es in diesem Punkt schnell zu einer Einigung komme. Die Grünen setzten sich insbesondere dafür ein, dass Familienangehörige von anerkannten Flüchtlingen nach Deutschland nachziehen dürfen. Am Mittwoch bekamen sie in diesem Punkt immerhin Unterstützung vom schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU). »Wir als Schleswig-Holstein-CDU wollen eher die Wartefristen für den Familiennachzug verkürzen«, sagte Günther der »Berliner Zeitung«.
Am meisten Übereinstimmungen der Parteien gibt es in der Steuerpolitik. Alle wollen untere und mittlere Einkommen entlasten. Problematisch könnte es jedoch bei der Forderung der FDP werden, den »Soli« abzuschaffen.
»Für uns als Freie Demokraten liegen noch alle Karten auf dem Tisch.« Niocla Beer, FDP-Generalsekretärin