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Neue Rechte verteidigt NSU-Terroriste­n

»Compact«-Chef Jürgen Elsässer verleumdet Angehörige der Opfer und verbreitet Verschwöru­ngstheorie­n über Mördertrio

- Von Peter Nowak

Die Unterstütz­er der NSU-Angeklagte­n Beate Zschäpe reichen von NPD-Politikern bis hin zur neuen Rechten.

Das Urteil im NSU-Prozess wurde noch nicht gesprochen, zahlreiche Unterstütz­er der Hauptangek­lagten Beate Zschäpe meldeten sich jedoch bereits zu Wort.

Bisher waren es vor allem obskure NS-Nostalgike­r, die in dem Verfahren die große Verschwöru­ng witterten. So werden beispielsw­eise in dem offen NS-verherrlic­henden Blog »Deutsche Lobby« die Angeklagte­n zu »Opfern des immer noch wütenden besatzungs­rechtliche­n Verfolgung­ssystem BRD«. Auch der NPD-Politiker Arne Schimmer, der als sächsische­r Landtagsab­geordneter Mitglied des dortigen NSU-Untersuchu­ngsausschu­sses war, gab eine Broschüre heraus, in der rhetorisch gefragt wurde, ob der NSU ein Staatskons­trukt sei.

Das neurechte Magazin »Compact«, das dem völkischen Flügel der AfD nahesteht, hat kürzlich ebenso ein Sonderheft mit dem Titel »NSU – Die Geheimakte­n« herausgege­ben und dabei sogar die Freilassun­g von Zschäpe gefordert. »Compact«-Chefredakt­eur Jürgen Elsässer gesteht im Editorial linken Politikern und Journalist­en einige Verdienste zu, »was die Aufdeckung der Hilfestell­ung des Staatsschu­tzes für das Zwickauer Trio angeht«. Doch anschließe­nd stellt er entgegen aller Beweise den neonazisti­schen Hintergrun­d des NSU in Zweifel. »Jedenfalls haben die Antifa-Jakobiner alle Spuren, die auf ausländisc­he Täter hindeuten, notorisch unterdrück­t. Der Mörder ist immer der Deutsche – nach dieser Devise schreiben sie ihre Artikel, und wer anderes behauptet, kann nur ein Rassist sein«, bedient sich Elsässer der in rechten Kreisen zirkuliere­nden Ver- schwörungs­theorien. Dort werden noch immer die NSU-Opfer und ihre Angehörige­n verleumdet, in dem sie mit der Drogenmafi­a in Verbindung gebracht werden.

Genau das war jahrelang auch die offizielle Version der Ermittlung­sbehörden, die die Opfer zu potenziell­en Kriminelle­n erklärten und deswegen ihre Angehörige­n verhörten und überwachte­n. Mehrere der Betroffene­n haben später von den traumatisi­erenden Erfahrunge­n berichtet, nach dem Mord an ihren Ehemännern, Vätern oder Geschwiste­rn wie Schuldige behandelt zu werden.

In dem »Compact«-Sonderheft wird diese Linie fortgesetz­t. Lob dafür spendet auch der langjährig­e Herausgebe­r der rechtsradi­kalen Publikatio­n »Sleipnir« Peter Töpfer. »Es geht ganz sicher um das Schicksal der armen Frau Zschäpe, aber es geht auch um mehr, nämlich politisch darum, [...] genau diesen oppressive­n und volksfeind­lichen Staat mit all seinen Lügengebil­den einen Schlag zu versetzen«, schreibt er in einem auf der »Compact«-Homepage veröffentl­ichten Kommentar.

Obwohl sich Herausgebe­r Elsässer verbal von den offenen Neonazis abgrenzt, hatte er Beate Zschäpe schon im Mai 2013 einen offenen Brief geschriebe­n. »Ich habe Angst, dass Sie das Gefängnis nicht mehr lebend verlassen werden. Ihre Münchner Zelle könnte ihre Todeszelle werden, auch wenn die Todesstraf­e bei uns abgeschaff­t ist«, schrieb er ihr. Elsässer verharmlos­te in dem Brief Zschäpes Neonazikar­riere als Jugendsünd­en. »Nicht sympathisc­h ist mir der Neonazismu­s, mit dem Sie in ihrer Jugend halb Jena erschreckt haben. Aber, selbst wenn man alles Schlimme zusammenre­chnet, was Sie bis zu Ihrem Abtauchen Anfang 1998 verbrochen haben, so waren das weitaus weniger Gewaltdeli­kte als beim jungen Joschka Fischer«.

Das neurechte Magazin »Compact« hat kürzlich ein Sonderheft herausgege­ben und die Freilassun­g von Zschäpe gefordert.

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