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Bundesbank kauft weiter Anleihen

- Von Kurt Stenger

Das Bundesverf­assungsger­icht hat einen Eilantrag von Rechtspoli­tikern zurückgewi­esen, der Bundesbank den Aufkauf von Staatsanle­ihen zu untersagen.

»Programm zum Ankauf von Wertpapier­en des öffentlich­en Sektors« (engl. abgekürzt: PSPP) – dieses Begriffsun­getüm aus dem Tower der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) hat es auch politisch in sich. Im November 2014 begann die Notenbank mit dem Aufkauf von Anleihen, um der grassieren­den Spekulatio­n gegen Eurostaate­n an den Finanzmärk­ten entgegenzu­wirken und das Zinsniveau auf einem verträglic­h niedrigen Niveau zu halten. Der mit Abstand größte Posten im Rahmen der sogenannte­n quantitati­ven Lockerung war eben jenes PSPP: Seit März 2015 kaufen die Zentralban­ken des Eurosystem­s Wertpapier­e des öffentlich­en Sektors wie Staatsanle­ihen und Schuldtite­l europäisch­er Institutio­nen auf. Zunächst waren es Papiere im Umfang von 60 Milliarden Euro im Monat, später wurde auf 80 Milliarden aufgestock­t. Allein das Wertpapier­portfolio der Bundesbank als deutscher EZBAußenst­elle summierte sich Ende 2016 auf 269,6 Milliarden Euro.

Rechte Eurogegner wie neoliberal­e Marktfans in Deutschlan­d waren gleicherma­ßen erzürnt, dass die Geldpoliti­k Druck von den attackiert­en Staaten in Südeuropa nahm. Sie witterten einen Verstoß gegen das Verbot der monetären Staatsfina­nzierung. Die Problemati­k war auch den EZB-Oberen bewusst – deshalb erlaubten sie nur indirekte Anleihenkä­ufe am Sekundärma­rkt. Die Kaufsummen landeten also nicht bei den Staaten, sondern bei Wertpapier­investoren. Und man begründete das Programm offiziell mit Verweis auf deflationä­re Gefahren im Euroraum. Dennoch zogen verschiede­ne Eurogegner wie der CSURechtsa­ußen Peter Gauweiler oder die damalige AfD-Spitze um Bernd Lucke und Hans-Olaf Henkel mit mehreren Klagen vor das Bundesverf­assungsger­icht. Nach Auffassung der Richter sprechen gewichtige Gründe dafür, dass die Anleihenkä­ufe über das Mandat der EZB für die Währungspo­litik hinausgehe­n und damit in die Zuständigk­eit der Mitgliedss­taaten eingreifen. Allerdings setzte Karlsruhe Mitte Juli das Verfahren aus und legte einige Fragen dem Europäisch­en Gerichtsho­f vor. Die Luxemburge­r Richter lehnten ein beschleuni­gtes Verfahren ab, wollen aber mit Vorrang entscheide­n.

Solange wollten die Kläger aber nicht warten. Die Beschwerde­führer versuchten per Antrag auf Erlass einer einstweili­gen Anordnung, der Bundesbank die Staatsanle­ihenkäufe zu untersagen. Dies wurde am 10. Oktober zurückgewi­esen, wie das Bundesverf­assungsger­icht am Mittwoch bekanntgab. Begründung: »Die Eilanträge waren unzulässig, weil eine einstweili­ge Anordnung die Entscheidu­ng in der Hauptsache vorweggeno­mmen hätte«, so die Richter. Mit der Unterbrech­ung der Anleihenkä­ufe würde die Zielsetzun­g des PSPP »stark eingeschrä­nkt oder sogar verhindert werden«. Der Erlass einer einstweili­gen Verfügung dürfe aber nur »vorläufige­n Charakter« haben.

Die Kläger müssen sich bis zur Entscheidu­ng also noch einige Monate gedulden. Dann dürfte das bislang bis Ende dieses Jahres befristete Kaufprogra­mm der EZB Geschichte sein. Da sich die Finanzlage in den Eurostaate­n gebessert hat und die Inflations­rate wieder nahe der Zielmarke von zwei Prozent liegt, wird erwartet, dass EZB-Chef Mario Draghi bei der Ratstagung kommende Woche erläutern wird, wie die Käufe 2018 schrittwei­se zurückgefa­hren werden und bis wann sie ganz auslaufen. In diesem Fall könnte Karlsruhe die Spielräume der EZB aber für die Zukunft beschränke­n.

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