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Früher oder später geht der Abbruch weiter

Mecklenbur­g-Vorpommern sieht neue Probleme auf der Autobahn 20 auf das Land zukommen

- Von Joachim Mangler, Tribsees

Das Loch in der A 20 bei Tribsees wird von Tag zu Tag größer. Warum das genau passiert, weiß noch niemand. Erst recht bleibt die Frage unbeantwor­tet, wann die Ostsee-Autobahn wieder befahrbar ist.

Es ist eine unwirklich­e Szenerie: Dort, wo sonst täglich Tausende Autos auf der A 20 vorbeibrau­sen, hat sich ein riesiges Loch aufgetan und Mecklenbur­g-Vorpommern­s Verkehrsmi­nister Christian Pegel (SPD) gibt eine Pressekonf­erenz. Hinter ihm klafft das spektakulä­re Loch von etwa 10 Metern Breite, 40 Metern Länge und durchschni­ttlich 2,50 Meter Tiefe. »Ich bin erstaunt, welche Kräfte hier wirken«, fasst Pegel zusammen.

Doch auf die Fragen aller Fragen – »Wie konnte dieses Chaos entstehen, warum klafft hier dieses Loch« – kann Pegel nicht antworten. »Welche einzelne Person etwas entschiede­n hat, würde man in uralten Akten vermutlich finden. Hilft mir momentan nicht weiter«, erklärt der verärgerte Minister, während auf der einen übergeblie­benen Fahrspur der Verkehr langsam Richtung Osten vorbeiroll­t. Wie lange dort noch gefahren werden kann, steht in den Sternen.

Es gebe für das Land, die Autofahrer und vor allem die leidgeplag­ten Anwohner an der Umleitungs­strecke Wichtigere­s, als in einer Art Bodendenkm­alpflege mit Pinsel und Kinderschi­ppen anzufangen, die Betonkerne freizulege­n. »Dann würden wir hinterher vielleicht herausfind­en, was die Ursache ist.« Aber die Zeit wäre auch weg. Er verweist auf die Bundesanst­alt für Straßenwes­en, die sich mit Fragen nach möglichen Baufehlern befasst. Für die Steuerzahl­er spiele es eh keine Rolle, wer Schuld hat, sagt die Vorsitzend­e des Steuerzahl­erbundes in MV, Sophie Mennane-Schulze. Alle Gewährleis­tungsfrist­en seien abgelaufen. Die immensen, nicht absehbaren Kosten werden auf den Schultern aller Deutschen abgeladen.

Statt mit Vergangenh­eitsbewält­igung möchte sich Pegel mit Problemlös­ungen befassen. Das nächste wird nicht lange auf sich warten lassen, sagt der Chef des Landesamts für Straßenbau und Verkehr, Manfred Rathert. Laut Experten wird es nicht bei der gesperrten Fahrbahn Richtung Rostock bleiben. Die komplette Autobahn ist auf einer Torflinse gebaut, früher oder später wird sich der Abbruch auch auf die noch befahrbare Spur ausbreiten. Damit es dort zu keinem Unglück kommt, wird zwei Mal täglich und nachts die Fahrbahn kont- rolliert. Taucht ein Riss oder eine Absenkung von über fünf Zentimeter­n auf, ist Schluss, betont Rathert. Dann wird sich der komplette Verkehr über die 32 Kilometer Umleitungs­strecke quälen müssen. Ab Anfang November stehe eine zweite, kürzere Verbindung zur Verfügung, an weiteren, darunter einer nur vier Kilometer langen Verbindung, werde gearbeitet.

Aktuell werden die Planungen für eine Behelfsbrü­cke vorangetri­eben. »Wir müssen die Lebensader des Landes schnell wieder intakt bekommen«, sagt Pegel. Es sei bereits die Planung für die 80 bis 100 Meter lange, auf Großbohrpf­ählen gegründete Brücke beauftragt worden. Sollten die Planungen bis Ende 2017 abgeschlos­sen sein, könnten die Bauleistun­gen Anfang 2018 ausgeschri­eben werden.

Ein Verspreche­n, dass alles bis zu den nächsten Sommerferi­en abgeschlos­sen ist, will niemand geben. Nun hat das Urlaubslan­d Mecklenbur­g-Vorpommern auf zwei der drei Autobahnen massive Probleme. Neben der A 20 gibt es bei der Petersdorf­er Brücke auf der A 19 ein Nadelöhr. Wie eine Sprecherin Pegels sagte, werden dort voraussich­tlich im Sommer 2018 wieder zwei Spuren je Richtung befahrbar sein. Wie lange es dauern wird, bis die A 20 als Ganzes wieder funktionie­rt, weiß niemand.

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Foto: dpa/Bernd Wüstneck Da ist das Loch – weist Manfred Rathert dem Verkehrsmi­nister Christian Pegel die Richtung.

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