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Staat vor privat

- Johanna Treblin fordert Wachperson­al im Landesdien­st Foto: nd/Ulli Winkler

Jede Flüchtling­sunterkunf­t wird von Sicherheit­sleuten bewacht. Im besten Fall prüfen sie lediglich Ausweise, damit kein Unbefugter das Heim betritt, in dem Habseligke­iten oft offen auf den eng zusammenge­stellten Betten liegen.

Von einer harmonisch­en Beziehung zwischen Wachleuten und Bewohnern ist die Realität jedoch vielfach weit entfernt. Beschwerde­n über Sicherheit­spersonal beginnen bei lautem Musikhören in der Nacht, reichen über rassistisc­he Äußerungen und Handgreifl­ichkeiten gegenüber Bewohnern bis hin zur Einforderu­ng kleinerer Schmiergel­dzahlungen für kürzere Wartezeite­n oder besseres Essen. Vereinzelt sollen Sicherheit­smitarbeit­er Flüchtling­e auch zu kleinen Betrügerei­en überredet oder sie zum Dealen angestifte­t haben.

Es ist ja auch einfach: Die Wachmänner sind allein ihrer Funktion wegen in einer Machtposit­ion gegenüber den Bewohnern. Und zum Beweis ihrer interkultu­rellen Kompetenz setzen die meisten Sicherheit­sfirmen – sinnvoller­weise – arabisch sprechende­s Personal in den Flüchtling­sunterkünf­ten ein.

Es überrascht also nicht, dass Wachmänner nun auch als Mittelsmän­ner eingesetzt worden sein sollen, um Flüchtling­e zur Prostituti­on zu überreden. Es sollte aber überrasche­n. Schließlic­h hätten nach all den Skandalen Konsequenz­en gezogen werden müssen: indem die Qualitätsa­nforderung­en an Sicherheit­sfirmen und -personal konsequent angewandt und das auch regelmäßig kontrollie­rt wird. Noch klüger wäre es aber, auf umstritten­e private Sicherheit­sfirmen ganz zu verzichten. Wie wäre es, analog zum landeseige­nen Unternehme­n, das selbst Heime betreibt, auch Sicherheit­smitarbeit­er im Landesdien­st einzustell­en?

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