Ein Gespenst geht um
Halloween im Weißen Haus mit russischen Spukgeschichten
Washington. Traditionell gespenstisch wurde Halloween am Dienstag im Amts- und Wohnsitz des US-Präsidenten zelebriert. Doch bot das vorgeblich unideologische Kinderfest für den Hausherrn Donald Trump und First Lady Melanie neben den üblichen Geistern einigen politisch-juristischen Grusel und mehr Saures als Süßes. Denn einmal mehr beschworen die erbitterten Widersacher des Präsidenten das Gespenst einer Russland-Affäre seines Wahlkampfteams, das den Chef mit unzulässiger ausländischer Hilfe an die Spitze der Supermacht gebracht hat und seine Gegnerin Hillary Clinton in die Niederlage stürzte.
Ausgerechnet zum Gruselfest präsentierte die US-Justiz Anklagen gegen drei frühere Trump-Berater. Der frühere Wahlkampfleiter Paul Manafort und dessen Vertrauter Richard Gates sehen sich einer Anklage wegen Verschwörung und Falschangaben gegenüber Behörden – sprich Geldwäsche – ausgesetzt und wurden unter Hausarrest gestellt. Während sie ihre Unschuld beteuern und auch nur über Lobbyarbeit für den gestürzten ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch eine Verbindung mit Russland offenbaren, zeigt sich ein dritter Beschuldigter geständig und ertragreicher für die Affäre.
Mit George Papadopoulos, der neben den beiden Schwergewichten als kleines Licht in der Wahlkampfmaschinerie des Siegers gilt, verbindet sich immerhin leiser Verdacht auf direkte Russlandkontakte – am ehesten vielleicht mit Moskaus Botschafter in London. Ein ungenannter »Professor« und eine vorgebliche Nichte des russischen Präsidenten Wladimir Putin nähren hingegen die Vermutung, es handele sich hier um das Szenario einer Räuberpistole. Russlands Außenminister Sergej Lawrow jedenfalls sieht »nicht einen einzigen Beweis« für russische Einflussnahme auf die US-Wahlen.
Der seines Amtes enthobene katalanische Regierungschef Puigdemont ist nach Brüssel gereist, um dort eine Exilregierung zu führen. Er sei weiter »President« und wolle für Katalonien arbeiten. Der abgesetzte katalanische Regierungschef Carles Puigdemont will weiterregieren. Und zwar von Brüssel aus, der »Hauptstadt Europas«, wie er sagte. Das Wort Exilregierung nahm der Katalane in seiner gut halbstündigen Pressekonferenz dort nicht in den Mund. Aber er machte klar, dass er sich und sein Kabinett weiter im Amt sieht. Fünf seiner Minister waren ihm nach Brüssel gefolgt. Asyl werde er nicht beantragen, versicherte Puigdemont. Seine Absetzung über den Verfassungsartikel 155 sei »nicht legitim«.
Nach Spanien zurückkehren werde er nur, wenn er »Garantien« erhalte. Das hatte Puigdemont schon als Gegenleistung für einen Verzicht auf die Unabhängigkeitserklärung von der Nationalregierung verlangt. Wie diese Garantien aussehen sollten, darauf gab er am Dienstag in Brüssel keine Auskunft. Als Grund für die Flucht von Barcelona über Gerona, und Marseille und von dort mit dem Flugzeug nach Brüssel nannte Puigdemont, er wolle »in Freiheit und Sicherheit« seine Arbeit für die Republik Katalonien und sein Volk fortsetzen. Die sieht er bedroht, weshalb er sich einen belgischen Anwalt genommen hat: Paul Bekaerts, der in vergangenen Jahren wiederholt ETATerroristen in ihren Klagen gegen eine Auslieferung an Spanien vertreten hat, teilweise erfolgreich.
Regierungskreise in Madrid sagten, für die Flucht habe es keinen Anlass gegeben. Puigdemont sei zwar jetzt ohne Amt, aber ein freier Bürger, der reisen könne, wohin er wolle. Allerdings nahmen zwei spanische Höchstgerichte, der Nationale Gerichtshof und das Verfassungsgericht, die Klagen von Generalstaatsanwalt José Manuel Maza gegen Puigdemont und seine 13 Minister am Dienstag zur Verhandlung an. Von solchen Klagen sind auch die Parlamentspräsidentin Carme Forcadell und fünf Beisitzer betroffen. Den 19 Politikern wird Rebellion, Aufleh- nung gegen den Staat sowie Missbrauch öffentlicher Gelder vorgeworfen. Gemeinsam sollen sie eine Kaution von 6,2 Millionen Euro aufbringen, um die Rückzahlung der für das von Madrid als illegal betrachtete Referendum ausgegebenen Finanzmittel an die Staatskasse zu garantieren.
Puigdemont hat sich mit seinem Auftritt in Brüssel nach spanischem Recht einer weiteren Straftat schuldig gemacht: der Amtsanmaßung. Denn nach der Zustimmung des Senats zum in der Geschichte Spaniens erstmaligen Gebrauchs des Artikels 155 der Verfassung ist die Absetzung der bisherigen Regionalregie- rung, die Auflösung des Parlaments und die daraus folgende Direktführung der katalanischen Ministerien und Behörden durch die entsprechenden Institutionen auf Nationalebene rechtens. Das Verfassungsgericht hob am Dienstag auch noch formell die Unabhängigkeitserklärung auf, die am 27. Oktober vom Parlament in Barcelona beschlossen worden war, allerdings ohne die Oppositionsparteien, die das Plenum verlassen hatten.
Er wolle den Frieden, versicherte Puigdemont auf seiner mehrsprachigen – er wechselte von Katalanisch zu Französisch, Englisch und Spanisch – Konferenz im Brüsseler Presseklub. Auch deshalb sei er aus Barcelona weggegangen, um eine Konfrontation mit dem »aggressiven« und vor Gewalteinsatz nicht zurückschreckenden spanischen Staat zu vermeiden. Und, um die 250 000 katalanischen Beamten nicht in Konflikt mit den neuen Machthabern zu bringen.
Zu den von Premier Mariano Rajoy für den 21. Dezember angesetzten Wahlen für ein neues Regionalparlament, verlangte Puigdemont die Zusicherung der Madrider Regierung, dass dort das Wahlergebnis anerkannt werde, egal wie es ausgehe. An den Urnen hätten die Befürworter der Unabhängigkeit bisher immer gesiegt.