Verwandlung mit Brille
Alexander Dobrindt hat sich erstaunlich verändert, als er Verkehrsminister wurde. Nun hat er wieder ein neues Amt angetreten
Um das Jahr 2013 herum hat Alexander Dobrindt sich neu erfunden. Davor hatte der CSU-Mann fürs Grobe dem großen Vorsitzenden Franz Josef Strauß nachgeeifert, was körperliche Erscheinung und politische Angriffslust anging. Danach kam der große Wandel und so mancher Fernsehzuschauer hätte ihn auf dem Bildschirm nicht mehr erkannt: Um 19 Kilo abgemagert und mit einer riesigen schwarzen Hauptstadtbrille versehen. Nach vier Jahren im Amt des CSU-Generalsekretärs war er 2013 als Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur nach Berlin gewechselt und hatte sich damit auch weitgehend von der Kampfrhetorik verabschiedet. Seit September dieses Jahres führt er die CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag.
Der berufliche Hintergrund des 1970 im oberbayerischen Peißenberg geborenen Politikers ist für die CSU eher ungewöhnlich. Dobrindt hat ab 1989 in München an der Ludwig-Maximilians-Universität Soziologie studiert und nach sechs Jahren Studium dort sein Diplom gemacht. Nun ist das Münchner Institut nicht für revolutionäre Umtriebe bekannt. Die Affinität der CSU geht aber eher in Richtung Betriebswirtschaft denn Sozialanalyse. Auch die Mitgliedschaft im örtlichen Schützenverein scheint für den Soziologiestudenten kein lebensweltlicher Widerspruch gewesen zu sein.
Von 1996 bis 2005 ist er als kaufmännischer Leiter und Geschäftsführer einer mittelständischen Maschinenbau-Firma tätig. Parallel dazu die politische Laufbahn: 1986 Eintritt in die Junge Union, ab 1996 Mitglied im Gemeinderat Peißenberg und im Kreistag Weilheim-Schongau. 2002 wird Dobrindt mit 59,4 Prozent der Erststimmen in Weilheim für die CSU in den Bundestag gewählt. In der CSULandesgruppe übernimmt er von 2005 bis 2008 den Vorsitz des Arbeitskreises Wirtschaft, Technologie, Energie, Bildung und Forschung sowie Tourismus. Von 2008 bis Februar 2009 hat er den Vorsitz der Arbeitsgruppe Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion inne.
Als 2009 der damalige Superstar Karl-Theodor zu Guttenberg in das Bundeswirtschaftsministerium wechselt, wird Dobrindt sein Nachfolger im Amt des CSU-Generalsekretärs.
In den letzten Monaten seiner Amtszeit wurde Dobrindt vor allem wegen seiner Rolle im Abgasskandal kritisiert. So warf ihm Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale Bundesverband, Versagen im VWSkandal vor. Es sei unerträglich, dass der Verkehrsminister untätig dabei zusehe, wie seine zuständige Aufsichtsbehörde die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher ignoriere und allein die der Wirtschaft vertrete. Es gebe weder wirkungsvolle Abgastests noch Sanktionen gegen Autohersteller.
Seit er seinen Ministerposten innehat, nehmen Beobachter neben dem veränderten äußerlichen Erscheinungsbild auch eine Verhaltensänderung wahr. »In der Hauptstadt hat man eine wundersame Wandlung eines CSU-Politikers erleben dürfen. Derselbe Mann, der es als Generalsekretär seines Vorsitzenden Horst Seehofer laut polternd verstand, die Stimme der CSU prominent zu streuen, ist kaum noch zu hören, seit er im Auftrag seines Herren als Verkehrsminister wirkt«, war in der »Frankfurter Allgemeine Zeitung« zu lesen.
Ob sich nun bei Alexander Dobrindt als Landesgruppenchef eine Rückverwandlung vollzieht, bleibt abzuwarten.