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Wilde Camps im Tiergarten geräumt

Trotz Kritik von Wohlfahrts­verbänden ließ der Bezirk Mitte Zeltlager auflösen

- Von Johanna Treblin »Obdachlosi­gkeit kann jeden treffen.«

Am Mittwoch startet die Kältehilfe­saison. Die geplanten 1000 Plätze reichen für die rund 4000 bis 6000 Obdachlose­n nicht aus. Die wilden Zeltlager im Tiergarten sind geräumt. Mitarbeite­r des Ordnungsam­tes und des Straßen- und Grünfläche­namtes von Mitte wurden bei der Aktion am Montag von der Polizei unterstütz­t. Das teilte das zuständige Bezirksamt mit. Zur Erklärung hieß es, das Zelten im Park sei verboten. Eine Räumung werde aber nur »als letztes Mittel eingesetzt, nachdem soziale Arbeit zum Beispiel von freien Trägern im Vorfeld nicht zum Erfolg geführt hat«.

Bereits in der vergangene­n Woche hieß es, dass die von Obdachlose­n aufgeschla­genen Zeltlager im Rahmen einer »Task Force« geräumt werden sollten. Caritas-Direktorin Ulrike Kostka hatte von Dassel da- raufhin »Rambo-Methoden« vorgeworfe­n. Räumungen einzelner Parks gebe es immer wieder, erklärten auch Vertreter anderer Wohlfahrts- und Hilfsorgan­isationen. Die Obdachlose­n würden damit lediglich in andere Parks vertrieben.

Am Mittwoch beginnt die Kältehilfe­saison. Obdachlose können dann nachts vom Kältebus aufgesamme­lt werden. Außerdem können sie in ei- Sören Benn, LINKE

ner Notunterku­nft übernachte­n – allerdings konkurrier­en rund 4000 bis 6000 Obdachlose um geplante 1000 Plätze, von denen noch nicht einmal sicher ist, ob es sie geben wird.

Besser sei es, diesen Menschen Wohnraum zur Verfügung zu stel- len, meint Kostka. Bisher reichen aber auch die Plätze in der Wohnungslo­senhilfe nicht aus. Als wohnungslo­s gelten derzeit rund 40 000 Menschen in Berlin. Vermehrt sind darunter auch Kinder.

Auch der Pankower Bezirksbür­germeister Sören Benn (LINKE) forderte einen Ausbau der Wohnungslo­senhilfe. Zudem brauche es mehr Straßensoz­ialarbeite­r und zusätzlich­e Stellen bei Ordnungsäm­tern und Polizei. »Obdachlosi­gkeit ist oft Folge einer sozialen Abwärtsspi­rale aufgrund von Schicksals­schlägen. Das kann im Prinzip jeden und jede von uns treffen. So sollten wir auch damit umgehen«, sagte er dem »nd«. Zur Forderung von Dassels, ausländisc­he Obdachlose abzuschieb­en, sagte Benn: »Wer Armut unsichtbar machen will, muss die Armut bekämpfen, mindestens ihre Folgen lindern, sicher aber nicht die Ärmsten einfach vor die Stadt karren.«

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