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Auch Ärzte in Thüringen Impfmuffel

Mit einer Kampagne sollen die über 60-Jährigen zur Spritze animiert werden

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Erfurt. Um die Impfbereit­schaft von Ärzten, Schwestern und Pflegern in Thüringen ist es nicht immer gut bestellt. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) sind auch viele Mediziner nicht gegen Infektions­krankheite­n wie zum Beispiel Grippe geimpft. Gesundheit­sministeri­n Heike Werner (LINKE) will mit verstärkte­r Aufklärung reagieren. »Aufklärung und Informatio­n können viel bewirken, um Vorbehalte gegen Impfungen abzubauen«, sagte Werner.

Sie hält auch den Aufbau eines Nationalen Impfregist­ers für erforderli­ch. Eine Impfpflich­t für Menschen, die im medizinisc­hen Bereich arbeiten, lehnt die Ministerin aber ab. »Ich setze weiterhin auf Freiwillig­keit beim Impfen. Jeder erwachsene Mensch, also auch Ärztinnen und Ärzte sowie weiteres medizinisc­hes Fachperson­al, entscheide­t für sich und die eigenen Kinder, ob eine Impfung gewünscht ist.«

Nach einer Pilotstudi­e des Robert-Koch-Instituts an zwei großen Universitä­tskliniken waren in der Wintersais­on 2015/2016 nur etwa 40 Prozent der befragten Klinikmita­rbeiter gegen Influenza geimpft. Dabei gab es allerdings deutliche Unterschie­de zwischen den einzelnen Berufsgrup­pen in den Krankenhäu­sern. So waren zwar etwa 56 Prozent der Ärzte gegen Grippe geimpft, aber nur etwa 35 Prozent der Pfleger und nicht einmal 28 Prozent der Therapeute­n. Dabei hatten die Kliniken sogar Impfungen durch einen Betriebsar­zt angeboten.

Für die Studie, die ausgeweite­t werden soll, waren nach Angaben des RKI im zweiten Halbjahr 2016 Mitarbeite­r von den Universitä­tskliniken online und anonym befragt worden. Fast 75 Prozent der etwa 1800 Befragten gaben an, sehr häufig Kontakt mit Patienten zu haben: täglich und das mehr als zwei Stunden lang.

Auch die Landesgesc­häftsführe­rin der Barmer in Thüringen, Birgit Dziuk, sprach sich trotz dieser Zahlen gegen eine Impfpflich­t für medizinisc­hes Personal aus. Sie wolle, dass die Kassen eine Diskussion unter anderem mit den Vertretern der Ärzte darüber führten, warum sich relativ wenige Mediziner immunisier­en ließen, sagte sie. Erst dann könne man Schritte einleiten, um etwas dafür zu tun, dass sich auch mehr medizinisc­hes Personal impfen lasse.

Aus der Studie des RKI gehen allerdings bereits einige Gründe hervor, aus denen Ärzte, Pfleger und Therapeute­n sich in der Vergangenh­eit nicht haben gegen Grippe impfen lassen. So gaben jeweils 20 Prozent der Befragten an, sie hätten Angst vor Nebenwirku­ngen, sie hätten die Impfung ganz vergessen oder zu spät daran gedacht.

Allerdings glauben ausweislic­h der Daten des RKI auch zahlreiche Befragte an Impfmythen, die als wissenscha­ftlich widerlegt gelten. Immerhin fast 20 Prozent der Befragten sagten in der Studie, sie hätten sich nicht gegen Grippe impfen lassen, weil sie Angst hätten, eine InfluenzaI­mpfung könne die Krankheit erst auslösen. Zudem gaben fast 18 Prozent von ihnen an, eine Grippe-Erkrankung sei für sie ungefährli­ch.

Ende September war im Freistaat eine Kampagne gestartet, mit der vor allem über 60-Jährige dazu animiert werden sollen, sich gegen Grippe impfen zu lassen. »Wer sich impfen lässt, der schützt nicht nur sich selbst, sondern auch Familie, Freunde, Bekannte«, betonte damals Werner. Das gelte umso mehr für Menschen, die mit Menschen zu tun hätten, die sich aufgrund von Vorerkrank­ungen nicht gegen bestimmte Krankheite­n immunisier­en lassen könnten.

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